SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Ich habe ein Recht, mich aufzuregen und davon mache ich Gebrauch. Es regt mich auf, dass Milliarden Euro für Bauprojekte verwendet werden aber bei Polizei und Bildung gespart wird. Es macht mich wütend, dass es Eltern gibt, die ihre Kinder physisch und psychisch misshandeln. Und es regt mich dermaßen auf, dass manche Kinder sich mit Schimpfwörtern begrüßen und das auch noch cool finden.

Manchmal habe ich das Gefühl, je mehr ich über eine Ungerechtigkeit weiß, desto mehr regt es mich auf. Dann entsteht eine richtige Wut auf die Situation und ich überlege krampfhaft, was ich tun kann, um das zu ändern. Ich weiß, dass es manchmal nichts bringt, mich aufzuregen. An vielen Dingen kann ich gar nichts ändern. Aber manchmal ist die Unzufriedenheit über eine Situation notwendig. Weil ich nur dadurch was zum Besseren verändere.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass Menschen sich aufregen. Der englische Schriftsteller Aldous Huxley hat mal gesagt: „DenFortschrittverdankendieMenschendenUnzufriedenen“. Da gebe ich ihm recht. Hätte sich niemand über das Leid von Kindern aufgeregt, gäbe es bestimmt kein Jugendamt. Und wenn sich niemand über die politischen Missstände aufgeregt hätte, dann stünde die Mauer heute noch in Deutschland.

Es macht überhaupt keinen Sinn, sich über alles und jeden zu ärgern. Oft muss man einfach cool bleiben und auch mal einige Unannehmlichkeiten akzeptieren.

Aber ich finde, es ist unerlässlich, dass Menschen die Ungerechtigkeiten und Probleme in der Welt erkennen, sich darüber aufregen undüberlegen, was man besser machen kann. So gesehen ist es nicht nur mein Recht, sondern sogar meine Pflicht, mich aufzuregen. Damit aus der Unzufriedenheit eine Verbesserung entstehen kann.

Dann ist die Unzufriedenheit nicht nur blinde Wut oder genervtes Gemecker. Sondern das notwendige Bindeglied zwischen unerträglichen Zuständen und einer besseren Welt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17386
weiterlesen...