SWR2 Wort zum Tag

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Robert schläft unter der Brücke. Und das fast täglich. Sein Bett sind ein weißes Kopfkissen und ein weißes Bettlaken. Beides geklaut. Bei seinem letzten Klinikaufenthalt. „Egal“, sagt Schwester Margret von der Franziskusstube in Stuttgart. „Wenn ich in Not wäre, wer weiß, ob ich es nicht auch so gemacht hätte.“

Ich staune - über Schwester Margret und ihre Schützlinge. Für Schwester Margret ist der Einsatz für Menschen, die von anderen gerne übersehen werden, ganz normal.

Robert ist über 50. Vermute ich zumindest. Ich habe ihn beim Frühstück mit Schwester Margret in der Franziskusstube kennen gelernt. Alles was Robert besitzt, passt in zwei Plastiktüten.

Und wenn er dringend frische Socken oder frische Unterwäsche braucht, dann findet er es in der Kleiderkammer bei Schwester Margret. Alles samt Spenden von Menschen, die Mitleid haben. „Was wir dringend brauchen, ist Kleidung für Männer “, betont Schwester Margret.

Ihre Bude ist morgens voll. Rund 100 Gäste pro Tag, vor allem Männer, junge wie alte, kommen zum kostenlosen Frühstück. Die Tische sind liebevoll gedeckt. Zu den weißen Servietten gibt es Kerzenlicht mit viel Brot, Wurst und selbstgemachter Marmelade. Ehrenamtliche gehen von Tisch zu Tisch und schenken großzügig frischen Kaffee ein. 

„Meine Gäste sollen sich bei mir wohlfühlen. Der tägliche Stress ums Überleben auf der Straße - bleibt draußen - wenigstens während dieser Zeit“, ist sich Schwester Margret sicher.

Und es funktioniert. Robert kommt schon seit ein paar Monaten zu ihr. Gerne würde er in einer eigenen Wohnung leben. Aber es klappt nicht. Das Sozialamt braucht Nachweise, dass er beschäftigt war. Und die hat er nicht. Schwester Margret ruft immer wieder beim Sozialamt an. Sie ist hartnäckig, aber das Sozialamt auch. Robert rollt ganz langsam eine Träne über die Backe. Wenn er traurig ist, verschwindet er ganz schnell auf die Toilette. Die Träne habe ich trotzdem gesehen. „Sein Problem ist der Alkohol“, seufzt Schwester Margret. Und sie macht ihm Mut: „Robert, wenn du aufhörst zu trinken, dann finden wir eine Arbeitsstelle für dich“.

Abends wird aus dem Frühstückscafé bei Schwester Margret ein Gottesdienstraum. Einige ehrenamtliche Mitarbeiter der Franziskusstube sind gekommen, um mitzufeiern. Auch ein paar von Margrets Frühstücksgästen, die es geschafft haben, sitzen dankbar im Stuhlkreis. Bei den Fürbitten wird Schwester Margret nachdenklich: „Lieber Gott, ich bitte dich für Robert. Vielleicht tut sich doch irgendwie eine Möglichkeit auf, dass er eine Wohnung findet und sein Leben eine gute Richtung bekommt.“

Nach dem Gottesdienst werden die Tische wieder zusammengerückt und die Frühstücksteller für den nächsten Tag aufgestellt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17370
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