SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

Wenn man nicht allein gehen muss, fällt einem ein mühsamer Weg leichter. Und mit der richtigen Begleitung machen einem die Strapazen viel weniger aus.
Ich muss da an unsere Sommerfreizeit mit Jugendlichen in Norwegen denken. Auf dem Programm steht immer auch mindestens eine Tageswanderung in der beeindruckenden Natur.
Letztes Jahr sind wir zum Kjerag-Felsen gewandert: Dreieinhalb Stunden hin. Drei Stunden zurück.
Gleich am Anfang ging’s eine halbe Stunde lang einen steilen Berg hoch und zwischendurch mussten wir zwei Mal ein ganzes Stück runter und wieder rauf – über Felsen.
Und das alles die meiste Zeit im Nebel und bei Nieselregen. Von dem grandiosen Panorama haben wir so gut wie nichts gesehen.
Und trotzdem: Alle sind mitgegangen. Und alle haben’s gepackt und waren stolz darauf. Ich rede von Teenagern zwischen 13 und 17 Jahren.
Zu Hause habe ich das den Eltern erzählt. Die haben es mir nicht glauben wollen: „Mein Kind? Sieben Stunden gewandert? Bei schlechtem Wetter? Ohne ständiges Gemaule? Gibt’s doch nicht!“
Doch, das gibt’s. Es macht eben einen Unterschied, ob man mit den Eltern Wandern geht oder mit einer Gruppe Gleichaltriger und sich gegenseitig motiviert.
In der richtigen Gemeinschaft machen einem die Strapazen des Weges viel weniger aus. Da merkt man gar nicht, wie lang der Weg ist.
Oder ich muss an eine Szene bei einem Triathlon denken. Nach vier Kilometern Schwimmen ging es auf die Räder. 180 km warteten auf die Sportler. Da waren ganz ordentliche Berge zu bewältigen.
Einer der Fahrer hat anschließend von dem anstrengendsten Anstieg erzählt. Er sei den Berg hochgefahren. Die ganze Strecke war voller Zuschauer. Nicht nur am Straßenrand, auch auf der Straße haben sie gestanden.
Und immer kurz vor den Athleten hat sich die Menge geöffnet. Und dicht hinter den Fahrern hat sie sich wieder geschlossen.
Der Sportler sagte: „Ich habe gemeint, ich werde da hoch getragen. Den langen Anstieg und die Anstrengung habe ich kaum gespürt. So schnell war ich oben.“
Wie viel leichter lässt sich ein Berg bezwingen mit einer solchen Wolke von Fans! Was macht das für einen Unterschied, wenn da Menschen sind, die anfeuern und motivieren.
Ich finde, das gilt auch für meinen Weg durch das Leben. Für mich sind da besonders die wichtig, die mir helfen, auf Gott zu vertrauen. Gottvertrauen macht einen mutiger und zuversichtlicher. Das sagen ja viele.
Aber gerade das geht einem manchmal verloren, wenn der Weg steinig ist und steil wird. Da braucht man erst recht Leute, die einen darin bestärken: Verlass dich auf Gott! Er wird dir helfen.
In der Bibel heißt es, dass wir eine große Wolke von Zeugen um uns haben. Die wollen uns ermutigen, damit uns auf unserem Lauf durch das Leben nicht die Puste ausgeht.

Musik

Wie viel leichter lässt sich ein Weg gehen, wenn andere mitgehen, einen anfeuern und motivieren.
Meine Erfahrung ist: Das braucht man erst recht für den Glauben, der einen trägt. Auch da braucht  man Leute, die einen motivieren und bestärken.
Genau das meint wohl auch der Christ, der in der Bibel die anderen ermutigt und sagt: „Wir sind förmlich umgeben von einer riesigen Wolke von Zeugen … So können wir mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der vor uns liegt.“ (Hebräer 12,1)
Die „Wolke der Zeugen“ – was für ein schönes Bild für die Menschen, die auf Gott vertrauen. Ich stelle mir da ein großes Stadion vor. Voll mit Menschen. Und auf der Aschen­bahn die Läufer. Zehntausende auf den Rängen feuern sie an. Was für eine großartige Kulisse!
Ich kenne einen Kollegen, der hat an der Wand seines Studierzimmers viele Bilder aufgehängt. Bilder von Christen, die für sein Leben eine Bedeutung hatten. Von ihnen hat er gelernt, wie man im Vertrauen auf Gott leben kann. Das war seine „Wolke der Zeugen“: Menschen, die ihm Vorbild und Wegbegleiter waren.
Da habe ich mir überlegt: Wie würde wohl meine Bildergalerie aussehen? Wer war für mich wichtig und für meinen Glauben prägend?
Da gab es den Leiter unserer Jugendgruppe. Der hat sich für mich viel Zeit genommen. Oft bis tief in die Nacht hinein habe ich mit ihm meine Fragen über Gott und die Welt diskutiert.
Oder ich erinnere mich an den Professor an der Universität, der nicht nur kluge Sätze gesagt hat. Dem hat man es abgespürt: Er lebt das auch, was er lehrt. – Menschen, die mich geprägt haben.
Überlegen Sie mal für einen Augenblick: Wie würde Ihre Bildergalerie aussehen? Wer war für Ihren Glauben wichtig? … Die Großmutter, der Pfarrer, die Leiterin vom Mädchenkreis, ein Freund … ?
Wir sind doch nicht die ersten, die das Leben meistern müssen. Viele sind uns voraus­gegangen. Wir sind umgeben von einer großen Wolke von Glaubenszeugen. Ohne die könnten wir gar nicht glauben. Ohne die brauchen wir auch nicht zu glauben.
Und diese „Wolke von Zeugen“ umfasst nicht nur die Gegenwart. Schon in der Bibel werden uns Menschen vorgestellt, die ihren Weg im Vertrauen auf Gott gegangen sind. Sie haben vielleicht in einer anderen Zeit gelebt, aber im Grunde hatten sie doch die gleichen Fragen an das Leben wie wir.
In manchen großen, alten Kirchen ist diese „Wolke der Zeugen“  sichtbar gemacht. Über den alten Kirchenportalen sitzen sie da in Stein gehauen: Apostel, Propheten und Märtyrer. Oder sie sind im Kirchenschiff in den bunten Fenstern dargestellt.
Die Bilder erinnern mich: Diese Menschen sind bereits am Ziel angekommen. Die haben es geschafft. Das macht mir Mut und spornt mich an. Auch von ihnen möchte ich lernen. Ihre Erfahrungen können mir helfen, meinen Lebensweg im Vertrauen auf Gott zu gehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17343
weiterlesen...