SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Gibt es Gott? Was meinen Sie?“ Ob Sie diese Frage bejahen oder sich zum Nein entschließen - für beides gibt es gute Gründe. Der niederländische Theologe und Dichter Huub Oosterhuis formuliert seine Antwort mit Blick auf die Schriften der Bibel.

„Die Bibel“ – sagt Oosterhuis – „spricht von Göttern. Götter sind „Mächte über Menschen“. Götter sind Menschen, die es wagen, andere Menschen mit Peitschen zu schlagen. Das eiserne Gesetz, dass „der Schwache stirbt und der Starke überlebt“ ist ein Gott. Das Recht des Stärksten ist ein „Gott“, und, dass in der Welt immer noch wenige auf Kosten von vielen leben, das ist die Macht von einem ganzen Götter- und Göttinnenclan. All diese unverrückbaren Gesetzmäßigkeiten und Zwänge werden in Göttern personifiziert. In der Bibel heißen sie „Besitzer, Gebieter, Herr“, aber sie werden beschimpft als Nichts, Nullen, Nichtswürdige. Sie führen zu „nichts“, besser gesagt: zur Vernichtung der Erde, Vernichtung der Menschheit. Dass es sie aber gibt, das ist so sicher, wie das Elend der Unterdrückten sichtbar ist.“

Gegen diese Götter – so fährt Oosterhuis fort - „gibt“ es den Einen, der ewig ist, verborgen, ohne Gestalt. Sein Name ist unaussprechbar. Er ist nur Stimme, die Stimme, die ruft: „Wo bist du? Wo ist dein Bruder? Was machst du? Warum tust du das Gute nicht? Du weiß doch, was gut ist. Es ist in deinem Mund, in deinem Herzen, du kannst es tun! Diese Stimme allein ist Gott, sagt die Bibel. Gott über allen Göttern, den man vielleicht besser „Nicht-Gott“ nennen sollte. Von ihm steht geschrieben, dass er dich in ein gutes, weites, helles Land führen wird. Dass er mit dir geht ein Leben lang.“ („Ich steh vor dir“, Freiburg 2004, 37f)

„Gibt es Gott? Was meinen Sie?“ Man kann unsicher sein beim Antworten. Denn sicher ist, dass es eine leichtfertige Rede von Gott gibt. Zuerst müssen wir in uns selber und mit anderen klären, wen oder was wir meinen, wenn wir von Gott sprechen. Oosterhuis lädt ein, die Antwort auf die Frage nach Gott nicht allgemein, gleichsam im luftleeren Raum zu suchen, sondern im Gegenüber zu anderen Vorstellungen, so wie es in der Bibel geschieht. Jede und jeder ist eingeladen, im Für und Wider seine eigene, ihn überzeugende Antwort zu finden. Jeder kann dabei von jedem lernen, um so in die eigene Antwort hineinzuwachsen. Sie wird während des Lebens immer auch offen bleiben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17332
weiterlesen...