Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wie haben wir uns eigentlich früher verabredet?“
Das frage ich mich oft, wenn ich meine Nichten sehe. Die gehen einfach los und haben ihr Telefon dabei.
Wenn ich dann frage: „Wo geht ihr denn heute hin?“, dann sagen sie: „Wissen wir noch nicht.“
„Wie“, sage ich, „ihr wisst nicht, wo ihr hingeht, aber ihr geht einfach mal? So nach dem Motto: Ich weiß nicht, wo ich hin will, aber ich bin schneller da?“
Dann schauen Sie mich nur und an ich weiß, was sie denken: „Alter; nerv net!“
Vielleicht schauen Ihre Kinder sie auch so entnervt an, wenn Sie wissen wollen, wann sie nach Hause kommen.
Irgendwie kann ich es meinen Nichten nicht übel nehmen. Das ist ja schon eine Art von Freiheit. Einfach mal losgehen und sehen, was kommt. Natürlich ist das auch ein bisschen unverbindlich. Komme ich heute nicht, komme ich morgen. Vielleicht. Mal sehen.
Verlassen kann man sich nicht so richtig darauf. Und das stelle ich mir nicht so einfach vor. Man will sich doch verlassen können. Auf etwas oder auf jemanden Das geht gar nicht anders.
Wenn Gott zum Beispiel zu Abraham gesagt hätte: Komm, alter Mann, verlass deine Heimat. Geh in ein fremdes Land. Geh einfach mal los. Wir sehen dann schon, wo das hinführt. Ich glaube nicht, dass Abraham gegangen wäre.
Aber Gott sagt: „Geh! Ich bin ganz sicher da. Und zeige dir, wo du hingehen sollst. Ich werde dich begleiten und dich führen.“ Das ist dann schon eine andere Hausnummer.
Darauf kann man bauen. Das ist ein Versprechen, mit dem man etwas anfangen kann.
Auf Gott kann man sich verlassen. Wenn ich den Weg nicht weiß, dann kann ich darauf vertrauen, dass er mir hilft. Und dass ich dann meinen Weg schon wieder finde.
Wie haben wir uns eigentlich also früher verabredet? Ganz einfach: Wir haben uns entschieden. Manchmal schon Tage vorher. Und das haben wir dann eingehalten.
Das ist vielleicht nicht so viel Freiheit, aber dafür mehr Verbindlichkeit.

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