SWR3 Gedanken

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Wer unter euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Dieser Satz ist legendär. Jesus hat ihn gesagt. In einer Gegend mit besonders spitzen, scharfkantigen Steinen, die überall rumgelegen haben. Ein Gerichtsort. Tod durch Steinigung- das war damals üblich und legal. Wenn eine Frau fremdgegangen ist. Gibt es heute noch in Arabien- worüber wir nur den Kopf schütteln können. Unser Rechtssystem ist da ein bisschen weiter. Gott sei Dank.
Aber das mit dem Steinigen, das geht mir nicht aus dem Kopf. Heute sind es keine Steine. Heute sind es Schlagzeilen. Wer als Promi unter Verdacht gerät, hat es schwer, einer Steinigung in den Medien zu entgehen. Irgendein Stein trifft nämlich immer, etwas bleibt immer hängen. Selbst wenn sich der Verdacht als haltlos erwiesen hat. Unser Exbundespräsident Wulff ist dazu ein beredtes Beispiel. Ebenso Sebastian Edathy. Allein der Verdacht auf Kinderpornographie hat genügt, um seine Existenz als Politiker zu zerstören. Christian Wulff ist inzwischen rehabilitiert. Wie es mit Edathy weitergehen soll, interessiert grade niemanden. Nur eins ist klar- beide müssen nochmal ganz von vorne anfangen.
Wer unter euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Hat Jesus gesagt. Die Ehebrecherin damals hat auch ein Tabu verletzt. Sie zu steinigen, war legal. Und trotzdem wollen die Leute von Jesus wissen, ob er legitim findet, was legal ist. Und sie hören hin, lassen sich diesen Satz gefallen: Wer unter euch ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein. Heute würde das heißen: wer moralisch integer ist, wer nie berufliche Vorteile genutzt und nie einen Handwerker schwarz bezahlt hat, der mag sich gerne an der moralischen Empörung über Leute wie Wulff beteiligen und ihren Ruf medial hinrichten.
Die Leute zu Jesu Zeiten lassen ihren Stein fallen und gehen weg. Und Jesus sagt zu der Frau: geh nach Hause und tu es nicht wieder. Heute ist der erste Tag einer neuen Woche. Einer neuen Chance. Also nutze sie.

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