Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Irgendwie sehnt man sich anscheinend immer nach dem, was man nicht hat. Ich z.B. war vor kurzem „zu Hause“, das heißt in der kleinen Stadt am Rhein, in der ich geboren wurde und aufgewachsen bin. Einen Tag war ich mit meiner Klasse zusammen, also denen, die mit mir zusammen ab 1963 die Volksschule besucht haben. Es war toll, und ich habe mich -Entschuldigung - sauwohl gefühlt. „Hätte ja auch schön sein können, wenn ich damals hier geblieben wäre“, habe ich mir gedacht. Einer der Schulkameraden erzählt mir dann, dass er mich ein bisschen beneidet. „Weißt du, ich bin eigentlich nie hier raus gekommen. Das ärgert mich manchmal schon etwas.“ So ist das eben: jeder sucht das, was er nicht hat. Dabei haben wir „es“ eigentlich alle beide, nämlich das, was wir im Deutschen mit dem schönen Wort „Heimat“ bezeichnen. Mein Schulfreund sowieso und ich habe mich schon am Anfang festgelegt, als ich sagte: ich war „zu Hause“. Ich bin zwar eigentlich schon 30 Jahre weg, aber die ersten 20 haben doch ganz schön geprägt. Mich jedenfalls so, dass ich immer noch sage: ich komme heim. Das Entscheidende dabei sind natürlich die Menschen, die man dort trifft. Familienangehörige, alte Freunde, Bekannte. Nicht auszudenken, wie es wäre, „nach Hause“ zu kommen und niemand wäre da, den ich kenne. Dann wäre es kein richtiges „zu Hause“ mehr.
Ich will diese Heimatgefühle nicht überbewerten. Ich weiß auch, dass das Leben oft ganz andere Wege geht und viele Menschen sich nicht aussuchen können, wo sie einmal wohnen und arbeiten. Und auch die Menschen, die mich umgeben, kann ich mir nicht immer selbst aussuchen. Aber wer einmal eine Heimat gefunden hat, der sollte sie sich bewahren, ganz egal, wo es ihn einmal hin verschlägt. Und er sollte Zeit finden, diese Heimat auch zu pflegen. Für mich heißt das, immer wieder einmal auf meinen Wegen eine Kurve einzuplanen, nach Hause zu fahren, Freunde und Verwandte zu besuchen.
Je mehr unsere globalisierte Welt nach Flexibilität schreit, umso mehr plädiere ich für „Heimat“. Und deshalb mein Wunsch heute an alle Menschen, die unterwegs sind, die einen nur kurz um die Ecke, die anderen vielleicht schon ein halbes Leben lang: Kommen sie gut nach Hause.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1722
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