SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Weniger ist mehr.“ Diesen Spruch sage ich mir immer mal wieder. Die Liste dessen, was ich tun soll, wächst mir manchmal über den Kopf. Ich komme dann gar nicht mehr nach. Was soll nicht alles erledigt werden! Vergiss nicht … Du hast mir doch versprochen … Ich brauche es spätestens morgen.

„Weniger ist mehr.“ Diese Einstellung versuche ich mir anzugewöhnen. Damit sie zu einer Grundhaltung wird. Damit sie mich davor bewahrt, dass ich alles möglichst gleichzeitig und schnell mache. Mir helfen dabei Zeiten des Fastens. Da verlangsame ich automatisch meine Gangart. Da gewinne ich Zeit für mich selbst. Fastenzeiten sind Zeiten, in denen ich fünf Tage nichts esse, aber ausreichend trinke und täglich eine Gemüsebrühe zu mir nehme. Seit 27 Jahren faste ich zwei Mal im Jahr, im Advent und in der vorösterlichen Fastenzeit. 

Was für einen Sinn macht das Fasten?

Ich faste, weil mir dann eine Woche geschenkt wird, wo ich mehr Zeit habe, die ich nicht für das Essen brauche. Fasten hilft mir zu spüren, ich brauche weniger, als ich denke. Ich werde leerer. Ich merke, was mir schwer fällt, dass ich darauf verzichte. Fasten ist deshalb auch eine Zeit,  in der ich für Gott und für mich mehr und bewusster Zeit habe.

Fasten hilft mir zu erkennen, dass ich auf vieles verzichten kann, was sich mir aufdrängt. Manchmal habe ich mit anderen zusammen gefastet. Wir haben uns dann abends für eine Stunde getroffen. Wir haben einander erzählt, was wir erlebt haben, was uns gut getan hat. Wir haben einander aber auch verraten, wo wir mit dem Fasten Probleme haben. Kleine körperliche gymnastische Übungen haben ebenso dazu gehört wie eine Zeit der Meditation über ein Wort von Jesus auf seinem Weg zum Kreuz. Zum Beispiel über den Satz: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“ Fasten erinnert mich daran, dass ich ganz viel von dem, was ich zu brauchen meine, gar nicht nötig habe. Im Fasten erlebe ich einen heilsamen Abstand vom Konsumieren. So kann ich mit manchem Druck, den ich mir sonst auflegen lasse, besser umgehen. Beim Fasten mache ich immer wieder  gute Erfahrungen mit dem Spruch: „Weniger ist mehr“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17176
weiterlesen...