SWR2 Wort zum Tag

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Denis Goldberg, ein Kämpfer gegen die Apartheid, saß 22 Jahre im Gefängnis. Dennoch hat er sich nicht verbittern lassen.
Denis Goldberg lebt in einem Haus mit malerischem Ausblick auf eine Meeresbucht in der Nähe von Kapstadt. An den Wänden unzählige Bilder afrikanischer Künstler, bunt, lebensfroh, strahlend. „Wissen Sie, warum hier überall Kunst hängt?“ fragt uns Goldberg. „Weil ich 22 Jahre im Gefängnis nur graue Wände anschauen konnte.“ Denis Goldberg wurde mit Nelson Mandela verurteilt, viermal lebenslänglich für seinen Kampf gegen die Apartheid. Er liebte seine Frau, seine kleinen Kinder, er musste 22 Jahre lang ohne Zärtlichkeit leben, er sah seine Kinder nicht aufwachsen. Was hat ihm geholfen, sein Herz vor Hass zu bewahren? „Ich bin nicht religiös,“ sagt Goldberg. „Aber ich wollte ein Mensch bleiben.“ Die Sonne strahlt über der Bucht, der alte Mann lächelt, er geht mühsam am Stock, aber seinen Humor hat er sich bewahrt. Seinen Humor, auch sein Menschsein. Ich denke daran, wie leicht ich gekränkt sein kann, wie unversöhnlich. Ich denke daran, wie liebesbedürftig ich bin und wie verzweifelt ich wäre, wenn ich 22 Jahre leben müsste ohne Berührung und Zärtlichkeit. Denis Goldberg war kleinlichsten Kränkungen ausgesetzt: Wenn es den Aufsehern einfiel, entzog man ihm die Bücher, die er für seine Fernstudien brauchte. Er hat sie nicht gehasst. Er blieb Mensch. In einem menschenverachtenden System. Auf einem der Bilder an der Wand tanzt ein fröhlicher weißer Mann mit einer schwarzen Frau. Dafür hat Denis Goldberg gekämpft. Lebenszeit eingesetzt. Das Leben im heutigen Südafrika ist wirklich nicht perfekt. Es sind sehr schwierige Aufgaben zu bewältigen. Aber immerhin: Das ist heute möglich. Zusammen zu tanzen. Sich zu lieben. Über Rassengrenzen hinweg. Dennis Goldberg lächelt. Darauf kommt es an. Sich nicht verbittern zu lassen, dem Hass nicht zu erlauben, das eigene Herz zu erobern. Wodurch einem das gelingt ist letztlich nicht entscheidend. Goldberg hatte seine Vision, mir hilft mein Glaube. Wenn ich verletzt und unversöhnlich bin, segne ich die Menschen, die mich gekränkt haben. Das hat mir bisher geholfen, mein Herz zu schützen. Ob es mir auch unter Bedingungen gelingen könnte, die Goldberg ertragen hat? Goldberg erzählt von seinem Kampf gegen die Apartheid. Wahrscheinlich war ihm auch nicht von Anfang an klar, was auf ihn zukam. Und er hat auch nicht vorher gewusst, ob er dem Hass widerstehen würde. „Ich wollte ein Mensch bleiben.“ Das hat ihn bewahrt. Ich bitte Gott darum, dass es mir und allen Menschen gelingt, Mensch zu bleiben. Ohne Hass. Mit Humor. Und mit einem Lächeln auf den Lippen und im Herzen.

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