SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Wenn Jesus deutlich werden wollte, erzählte er Gleichnisse, sprach er in Bildern. Eine Geschichte erzählt von einem Gutsbesitzer, der früh morgens Arbeiter für seinen Weinberg sucht. Er findet welche und stellt sie an. Später geht er noch einmal los und verteilt wieder Jobs an Tagelöhner, die noch auf Aufträge warten. Das Ganze passiert noch zweimal, selbst am späten Nachmittag kriegen noch einige Übriggebliebene etwas zu tun. Abends gibt’s dann den Lohn. Mit einer dicken Überraschung. Denn egal wie viel Stunden die einzelnen gearbeitet haben: jeder kriegt exakt den gleichen Lohn. Klar dass die, die früh angeworben wurden und den ganzen Tag geschuftet haben, stinksauer sind. Sie haben doch Anspruch auf mehr Geld. Mehr als die, die nur noch die letzten Stunden gearbeitet haben. Aber sie bekommen keinen Cent mehr. Mit den Regeln von Leistung und Gegenleistung ist das nicht zu erklären.
Jesus kommt es darauf an diese kühle Gesetzmäßigkeit zu durchbrechen. Wer das tägliche Anwerben von Tagelöhnern in arabischen Ländern mal beobachtet hat, wie es heute noch geschieht, wird ihn vielleicht besser verstehen. Früh morgens stehen sie an der Straße, und warten. Natürlich werden als erste die besten und kräftigsten Arbeiter angeworben. Was übrig bleibt sind die Älteren und Schwächeren, die aber genauso Familie haben und auf den Job angewiesen sind. Darin hat sich seit Jahrtausenden nichts geändert. Wenn Jesus also ihnen das Gleiche zubilligt, dann schwächt er nicht die Starken, sondern stützt die Schwachen. Ein Hinweis auf Solidarität und gegenseitige Verpflichtung. Auch wenn dies auf den ersten Blick die ganze Ordnung durcheinanderbringt. Die nicht so Starken mit dem, was sie leisten können, den anderen gleichzustellen, provoziert. Aber das will Jesus auch. Solche Erzählungen mag man heute in Zeiten in denen die Arbeitslosenzahlen immer noch Millionenstärke erreichen, milde belächeln.
Zugegeben: das Evangelium ist keine konkrete Handlungsanweisung, kein Rezept für Unternehmerinnen und Unternehmer. Aber ein deutlicher Appell an ihre soziale Verantwortung. 

Darüber hinaus enthält das Evangelium von Arbeitern im Weinberg einen Trost und eine Perspektive für jede und jeden. Jesus spricht von einem Gott, der jeden nach seinen Möglichkeiten und auch mit seinen Grenzen ansieht. Der menschlicher ist in seinen Maßstäben als seine Ebenbilder.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17129
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