Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Die katholische Kirche in Deutschland ist nicht nur eine der reichsten der Welt, sondern auch die großzügigste. Viele Kirchen helfen den Ärmsten der Armen, aber keine kann sich mit der deutschen messen.“ Das sagt Kardinal Rodriguez aus Honduras. Und er muss es wissen. Als Präsident der weltweiten Hilfsorganisation Caritas internationalis hat er den Überblick, zugleich kennt er die katholische Kirche in Deutschland schon seit seiner Studienzeit und aus vielen Reisen und Begegnungen. Er kennt auch deren Probleme und Schwächen, aber eben auch ihre Großzügigkeit.
Das ist ein anderer Tonfall, als wir ihn in den vergangenen Monaten gehört haben. Missbrauchsfälle und Luxusbischof, unverständliche Sexualmoral und merkwürdige Bischofsworte erweckten den Eindruck, als ob mit dieser Kirche kein Blumentopf mehr zu gewinnen sei. Und da stellt sich Kardinal Rodriguez, der das alles weiß, hin und lobt die katholische Kirche wegen ihres weltweiten Engagements gegen Armut.
Ich habe mich über dieses Interview sehr gefreut. Es löst kein einziges der anderen Probleme, aber es zeigt: Die Kirche ist mehr als nur Tabus und Probleme, Verbote und Gestriges. Sie hat auch diese hilfreiche Seite, für die Menschen weltweit dankbar sind.
Wobei es sich lohnt hinzuschauen, wer oder was hier mit „Kirche“ gemeint ist: Gerade die internationale Hilfe der großen Werke Caritas, Misereor und anderer wird mitgetragen von einer großen Zahl von Spenderinnen und Spendern. Sie machen viele Projekte erst möglich, bringen das Geld auf für die nachhaltige Hilfe. „Die Kirche“ – das sind hier viele Einzelpersonen und Gruppen, die sich anrühren lassen von weltweiter Not und bei aller Kritik den kirchlichen Werken zutrauen, etwas ändern zu können. Und wenn man Kardinal Rodriguez folgt, dann kommt diese Hilfe auch an.
Ich stelle mir eine Stammtischrunde oder ein Gespräch im Bekanntenkreis vor, in dem wieder einmal alle Schattenseiten der Kirche ausgeleuchtet werden. Dann wünsche ich mir, dass jemand das Wort ergreift und mit Kardinal Rodriguez darauf hinweist, dass in dieser Kirche auch viele Menschen für Arme Partei ergreifen und sich das etwas kosten lassen. Vielleicht zitiert sogar jemand den Kardinal mit den Worten: „Ich glaube, dass die katholische Kirche in Deutschland im Dienst der Armen steht.“

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17110
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