SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Seitdem ich Markus kenne, sehe ich die Welt etwas mit anderen Augen. Markus ist fast blind und jeder, der ihn kennen lernt, fängt an vieles ganz neu zu sehen. Markus steckt mit seiner Fröhlichkeit an – und nicht nur mich. Er wollte seinen Lieblingsradiosender einmal live vor Ort erleben und so habe ich ihn nach Stuttgart eingeladen.

Schon die Abfahrt aus Heiligenbronn - da wohnt Markus in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen – ist von Herzen fröhlich. Markus verbreitet eine Lebensfreude, die ansteckt. Wir haben gesungen, geklatscht und gelacht -. Dass  Markus sämtliche Musiktitel auswendig kann, habe ich schon gewusst. Aber dass er sie auch jederzeit und egal wo, lauthals singen kann, das begeistert mich – Musik ist sein Leben. 

Weil er nur wenig sehen kann, sucht er nach einem anderen Weg, um sich später etwas „vor Augen zu führen“. Das heißt konkret, Markus hält etwa jede halbe Stunde sein Aufnahmegerät ans Ohr und erzählt, was er gerade macht und wo er ist und mit wem er unterwegs ist. Radio zum Nachhören sozusagen, sein persönliches Hör-Tagebuch.

Der schöne Nebeneffekt – er kann seine Freundinnen und Freunde zu Hause ganz unmittelbar daran teilhaben lassen, was er erlebt hat. Und dann gibt es da noch etwas, was mich an Markus besonders fasziniert: seine Höflichkeit. In der Autobahnraststätte, beim Bäcker, im Laden – egal, wo wir sind, bei jedem Menschen, der mit ihm zu tun hat - bedankt er sich persönlich und ausgesprochen zuvorkommend: „Vielen Dank, es war sehr schön bei ihnen. Sie sind der beste Laden, den ich kenne“. An die verwunderten Blicke der Beschäftigten erinnere ich mich noch gut.

Und dann endlich ist Markus live in seinem Lieblingsradiosender im Studio. Das Thema der Sendung: Behinderung. Der Moderator fragt gleich zu Beginn: „Markus, du bist ja ein richtiger Sonnenschein. Wie gehst du mit deiner Behinderung um?“ Und Markus antwortet etwas erstaunt: „Also, ja, also ganz normal.“ Der Moderator lässt nicht locker: „Und was ist, wenn dich einer komisch auf deine Blinden-Armbinde anspricht?“ „Also, wenn er mich mit Du anspricht, dann ist das ganz okay“, antwortet Markus munter. Das ist Markus. Sein Humor ist ein Segen und er strahlt übers ganze Gesicht. „Dass ich nur wenig sehen kann, nehme ich ganz leger. Es geht mir gut, es gibt ja so viele liebe Menschen in meinem Leben“, so Markus.

Zum Schluss der Sendung fragt ihn der Radiomoderator noch: „Und was gibt dir soviel Kraft, Markus?“ Genau 20 Sekunden Gesprächszeit bleiben Markus noch bis zum Ende der Sendung und er sagt: „Der Herr ist mein Fels und mein Stab. Ich weiß, ich gehe nicht allein. Das weiß ich ganz sicher.“ Danach war es kurz still auf dem Sender. Danke für diesen schönen Augenblick, Markus.

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