SWR3 Gedanken

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Im April 2014 soll es den Markt erobern: das Produkt „Google glass“. Ein Miniaturcomputer, der auf einen Brillenrahmen montiert wird und dem Benutzer ungeahnte Möglichkeiten erlaubt. Zum Beispiel in Sachen Liebesleben. Derzeit wird in London eine App entwickelt, die „Glance“ heißt. Wer die mit seiner Datenbrille kombiniert und dann noch einen findet, der dasselbe tut, erlebt das Schlafzimmer als Multimediaraum.
Ein kurzer Befehl an die App, und das Licht wird gedimmt. Ein weiterer Hinweis führt zum Einspielen von romantischer Musik. Und als Sahnehäubchen kann man mit der App sogar die Perspektive wechseln. Dann sehe ich das, was mein Partner sieht. Mit anderen Worten: mich selbst. Mich selbst beim Liebesspiel. Und zur Not kann ich das sogar filmen.
Uns von der Kirche hält man ja für ein wenig rückständig und weltfremd, wenn es um Sexualität geht. Vielleicht bin ich also einfach nicht fortschrittlich genug, um dieser technologischen Neuerung etwas abzugewinnen. Denn bisher dachte ich, dass es beim Sex um etwas anderes geht.
In all meiner Naivität dachte ich, dass der Spaß beim Gottesgeschenk Sex darin besteht, mich auf einen anderen Menschen einzulassen. Natürlich will ich, dass es mir dabei gut geht, aber doch eben nur, weil der andere auch noch da ist. Und das will ich spüren und erleben – und nicht beobachten. Ja, ich fürchte sogar, dass das Beobachten mich von dem eigentlichen Spaß ablenkt. Tja.
Offen gestanden habe ich das Gefühl, dass wir eh schon in viel zu vielen Bereichen nur auf uns selbst gucken und den anderen aus dem Blick verlieren. Deswegen mag „Google glass“ mitsamt App wegen mir den Markt erobern. Mein Schlafzimmer bleibt weiterhin technologiefreie Zone. Das mit dem Schummerlicht und der Musik kriege ich auch ohne Datenbrille hin. Und den Rest offen gestanden auch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17010
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