SWR2 Wort zum Tag

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Kennen Sie das auch? Sobald jemand vom Glauben und von Gott spricht (was selten vorkommt), geht es im Gespräch sofort um die Kirche. Dann geht es um die Glaubwürdigkeit der Kirche und um die Frage nach Ihrer Rolle für das Leben der Menschen – gestern und heute.

Als Jugendlicher interessierte ich mich für Freiwilligendienst im Ausland bei einem „christlichen Friedensdienst“. Bei einem Einführungswochenende sollte es um die Frage gehen, was jedem Einzelnen persönlich der Glaube an Gott bedeutet oder vielleicht auch nicht bedeutet. In der Runde wurde dann aber sofort von der Kirche und ihren Positionen gesprochen. Die Reaktion des Gesprächsleiters ist mir sehr stark in Erinnerung geblieben und hat mich bis heute geprägt: Sanft aber bestimmt hat er uns klar gemacht, dass wir uns bitte nicht verstecken mögen hinter der scheinbar objektiven Bewertung einer Institution. Vielmehr ginge es um uns selbst, ganz persönlich.

Mir wurde bewusst, wie einfach es ist, über die Kirche zu sprechen und wie schwer, über das eigene, persönliche Verhältnis zu Gott, der Bibel, der christlichen Botschaft – wie schwer es fällt, diese Fragen an sich heran zu lassen.

 Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin keineswegs so naiv zu glauben, die Glaub-würdigkeit der Kirche hätte nichts mit dem Glauben zu tun. Schließlich ist es die Aufgabe von Kirche, den Glauben weiterzutragen und ob die Botschaft ankommt steht natürlich sehr wohl im Zusammenhang mit dem Botschafter. Deshalb bin ich persönlich sehr betroffen von der Glaubwürdigkeitskrise der Kirche. Der Skandal des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen hat diese Krise verstärkt. Aber auch der Streit um die Amtsführung von Geistlichen und von Bischöfen hat mich wie viele andere Gläubige sehr verstört – die Orte Augsburg und Limburg stehen symbolisch für dieses Problem.

Worum es mir aber vor allem geht, ist die Frage, was der Glaube für mich und andere bringen kann – und da fällt mir auf, wie schnell wir dieses Thema abblocken und im Gespräch umlenken auf die Institution oder Agentur des Glaubens.

Gerade dadurch aber entgeht uns sehr viel, verpassen wir häufig die Chance, dass Gespräche tiefer gehen und die Gesprächspartner entdecken, welche Hilfe und welcher Gewinn der Glaube für sie sein kann.
Wenn wir dem Glauben auf den Grund gehen wollen, ist uns häufig die reale Gestalt der Kirche ein Hindernis – kein Zweifel. Aber oft stehen wir uns dabei auch selbst im Weg.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16996
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