SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Der Satz auf dem T-Shirt eines jungen Mannes bringt mich zum Nachdenken über den Sinn von Religion.
„Religion ist ... „. Im Vorübergehen kann ich nur diese beiden Worte erspähen. Am Tresen sitzt ein junger Mann. Neugierig trete ich etwas näher. „Ich möchte nur sehen, wie der Satz weitergeht.“ Der junge Mann zieht sein T-Shirt glatt. „Religion ist heilbar!“ Das also ist die komplette Botschaft. Irgendwie hat sich der Träger dieses Satzes dann aber doch ertappt gefühlt „Ich weiß selber nicht, ob das stimmt“, sagt er zögernd. Und wendet sich wieder seiner Nachbarin zu.
Jetzt hat er mich zum Nachdenken gebracht. Was stimmt womöglich nicht? In Gedanken trete ich mit ihm ein Gespräch. „Du hast recht“, wende ich mich an ihn. „So etwas wie einen religiösen Wahn gibt es wirklich. Aber das ist eine Krankheit, die der therapeutischen Begleitung bedarf. Doch Religion selber ist keine Krankheit. Natürlich kann siehst du das anders“ fahre ich fort. Und ich höre ihn entgegnen: „Religion – das ist doch etwas, was sich die Menschen ausgedacht haben. Etwas, das keine vernünftige Grundlage hat. Etwas, das Menschen gängelt und in Abhängigkeit hält. Wirklich eine Art Krankheit!“
Ich bin weiter am Nachdenken. Dass Menschen Religion so sehen – ich kann’s verstehen. Und doch tut es mir leid. Ich weiß, dafür gibt es manchmal gute Gründe. Da stecken oft Erfahrungen dahinter. Leider ist das so. Aber das ist zum Glück nicht alles, was ich über Religion sagen kann. Religion oder besser das, was ich darunter verstehe, meint genau das Gegenteil. Sie will Menschen zu einem besseren Leben verhelfen. Sie will Menschen gerade davor bewahren, unfrei zu werden. Oder eben krank.
Noch einmal wende ich mich in Gedanken dem jungen Mann zu. „Für mich macht sich Religion am Leben Jesu von Nazareth fest“, sage ich. „An seiner Art, von Gott zu sprechen. An seiner Art, Menschen erfahren zu lassen, was das meint: Barmherzigkeit. Zuwendung ohne Vorbedingungen. Leben, das von Armut und Krankheit nicht wertlos gemacht wird.“
Für mich ist das wichtig: Religion, so wie ich sie bei diesem Jesus beobachte, möchte Menschen nicht krank machen, sondern gesund. Sie möchte Menschen freimachen. Glücklich. Und ansehnlich. Jesus hat einmal gesagt: „Ich bin gekommen, dass ihr genug habt, um leben zu können....“ (Johannes 10,10), Und ich füge hinzu: „ ...und dass euch die Religion gesund macht.“ Ich möchte mithelfen aufzupassen, dass der Satz auf dem T-Shirt nicht allzu oft Recht hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16964
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