SWR3 Gedanken

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Ist Beten für Sie nicht auch Arbeit? Ein Gast im Kloster fragte das mal einen Mönch, mit dem ich schon lange befreundet bin. Mein Freund hat das natürlich verneint, aber die Frage hat mich schon verblüfft. So hatte ich das noch nie gesehen. Wenn ich nämlich ab und zu ein paar Tage im Kloster verbringe, dann genieße ich sie, die regelmäßigen Gebetszeiten. Ich genieße es, einzutauchen in den Lebensrhythmus der Mönche. In die geordnete Struktur von Arbeits- und  Gebetszeiten. Diese Struktur hat sich der Ordensgründer Benedikt schon vor 1500 Jahren für seine Gemeinschaft ausgedacht und wenn ich dort bin merke ich immer wieder: Sie tut auch mir gut.

Daheim wird mir jedoch schnell klar, dass ich nun mal kein Mönch bin. Da wird es schnell zum Problem, wenn man Familie, Job und ein halbwegs regelmäßiges Gebet unter einen Hut bringen will. Ich weiß, dass es auch meinem Freund, dem Mönch, manchmal so geht. An Tagen, an denen er besonders viel zu tun hat. Zum Glück aber war der heilige Benedikt ein ganz guter Menschenkenner. „Bete und arbeite“, so lässt sich das Wesentliche seiner Regel in drei Worten zusammenfassen. Doch fein säuberlich getrennt hat er sich das gar nicht gedacht. Idealerweise sollte nämlich auch die Arbeit der Mönche eine Form des Gebets sein. Beten als ein In-Kontakt-Bleiben mit Gott, den ganzen Tag über. Dazu muss man nicht unbedingt still und andächtig in einer Kirche sitzen und Psalmen murmeln. Das geht auch bei der Arbeit. Die besonderen Gebetszeiten machen aber trotzdem Sinn. Als ganz bewusste Unterbrechung und als Sammlung, die dem Tag eben diese wohltuende Struktur gibt. So gesehen kann also auch die Arbeit eine Art Gebet sein und Beten manchmal eben auch Arbeit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16942
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