SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Ich habe in meinem Leben viele falsche Entscheidungen getroffen.“ Das hat eine ältere Frau  gesagt, die ich besucht habe. Sie hatte viel Zeit zum Nachdenken. Auch über ihr Leben. Viele ihrer Entscheidungen bereute sie. „Ich habe als junge Frau den falschen Beruf ergriffen, nur weil ich auf mein Eltern hören musste“, hat sie mir erzählt. „Und ich habe den falschen Mann gewählt, weil die Liebe mich blind gemacht hat. Mein Mann war später gewalttätig und treu war er auch nicht. Dann fing er auch noch an zu trinken. Da wurde die Ehe zur Hölle.“ Nach Jahren verstarb der Mann. Jetzt ist die Frau allein und hat mir diesen bitteren Satz gesagt: „Ich habe in meinem Leben immer wieder die falsche Entscheidung getroffen.“
Was sollte ich da sagen? Manchmal müssen wir Entscheidungen treffen, deren Folgen wir nicht immer absehen können. So kommt es, dass manches im Leben unvollkommen bleibt. Und das tut weh.
Die  Menschen in der Bibel kennen das. Zum Beispiel der Mann Saulus. Er hatte als junger Mann die Christen blutig mit dem Schwert verfolgt. Eines Tages wurde er selber Christ und nannte sich von da an Paulus. Er hat dann viele Länder bereist und den christlichen Glauben gepredigt.Auch er hat später vieles bereut. Über sein Leben hat er geschrieben:
„Jetzt erkenne ich nur Bruchstücke. Doch einmal werde ich alles klar erkennen, so deutlich, wie Gott mich jetzt schon kennt.“ (1. Kor. 13,12).
Ich verstehe das so: „Gott kennt mich wie kein anderer. Er kennt mein Leben, auch die Fehlentscheidungen und Irrwege. Aber weil ich sein Kind bin, bin ich ihm unendlich viel wert. Trotz allem.“
Das zu wissen, hat Paulus getröstet. Und es hat ihn davor bewahrt, bitter zu werden.
Bei meinem Besuch habe ich der älteren Frau von diesem Saulus, der später Paulus hieß, erzählt. Seinen Satz über Gott, der mich kennt und versteht, habe ich ihr aufgeschrieben. Ob sie ihn wohl gelesen hat? Hat er ihr geholfen? Ich wünsche es ihr.

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