SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Man könnte es Leichtsinn nennen; oder mindestens Übermut.
Ungefähr so, als würde heute ein Europäer
oder sogar eine Europäerin allein und ohne Kopftuch oder Umhang
durch ein Land marschieren, vor dem der Außenminister gewarnt hat.
Jesus von Nazaret hat seine Freunde anscheinend gezielt
solchen Gefahren ausgesetzt.
Da gibt es diese Geschichte im Neuen Testament,
wo er sie losschickt; sie sollen von Dorf zu Dorf wandern
und den Menschen von Gott und Gottes Reich erzählen.
Was er ihnen allerdings als Ausrüstung vorschreibt,
das ist mehr als mangelhaft.
Nehmt nichts auf den Weg mit, keinen Wanderstock,
keine Vorratstasche, kein Brot,
kein Geld, keine Schuhe und auch kein zweites Hemd!
Kein Geld – naja. Vielleicht war man ja als Gast willkommen,
wenn man auf der Wanderschaft war.
Ohne Stock und sogar ohne Schuhe!?
Mal abgesehen davon, dass das Land damals wie heute unter Besatzung war
und dass es sicher Wegelagerer und andere böse Menschen gab:
Wie schützt man sich gegen Schlangen und anderes Getier?
Aber nein, nicht mal grüßen sollen sie, wenn sie einem begegnen -
obwohl das doch eine Vorsichtsmaßnahme wäre: Wer sich begrüßt,
schlägt sich nicht...
Nein: Keine Sicherheitsmaßnahme. Pures Gottvertrauen.
Weil sie es zu eilig haben, weil sie unbelastet sein sollen – ja
und wohl auch, weil das schon ein Teil ihrer Predigt ist.
Unbewaffnet, ohne Gepäck und barfuß
kommt die Botschaft von Gott zu den Leuten in die Dörfer.
Ist ganz sicher, dass sie willkommen ist.
Und wenn man sie irgendwo nicht haben will?
Dann stellt euch auf die Dorfstraße, schüttelt den Staub von euren Füßen
und sagt ihnen: Damit ihr es nur wisst – Gottes Reich ist jetzt schon da.
Manchmal denke ich, wenn die Kirchen heute
ein bisschen mehr von solcher Zuversicht demonstrieren würden,
dann würden die Leute uns auch wieder mehr zuhören.
Und Leichtsinn oder Übermut würde ich das nicht nennen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1681
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