SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Mein guter Vorsatz fürs neue Jahr betrifft mein Patenkind. Der Kleine ist inzwischen schon über ein Jahr alt und wir haben schon einiges miteinander erlebt. Er ein richtig süßer Fratz und jedes Mal, wenn ich ihn sehe, lacht er mich an. Darüber freue ich mich und zugleich bekomme ich ein schlechtes Gewissen: denn ich würde gern viel mehr Zeit mit ihm verbringen. Aber das schaffe ich nicht.
Das quält mich dann schon und so kann ich nicht unbekümmert mit ihm spielen, denn ich überlege die ganze Zeit, wie ich mehr mit ihm machen könnte, mehr spielen, mehr lachen, mehr unternehmen. Aber so kann ich die gemeinsame Zeit nicht genießen.
Und deshalb möchte ich dieses Jahr die Zeit mit Johannes bewusster wahrnehmen. Also die Zeit, die ich habe. Ich will nicht noch mehr Zeit irgendwo abknapsen. Ich will lieber die schon vorhandene Zeit mit Freude erleben.
Das heißt für mich: wenn ich ihn treffe, dann spiele ich mit ihm, genieße den Augenblick, freue mich, dass er mich anlacht, bin glücklich über jeden Fortschritt, den er macht. Dann krabbele ich mit ihm um die Wette, wische seine Tränen ab, wenn er hinfällt, singe und scherze.
Ich glaube, mein Problem ist oft, dass ich die Zeit zähle, statt dass ich sie bewerte. Ich frage nach der Anzahl der Minuten und nicht nach dem, was ich mit meinem Patenkind gemacht habe. Und genau das ist falsch. Denn letztlich könnte ich noch immer mehr Zeit mit ihm verbringen. Aber wichtiger ist ja eigentlich, was ich in dieser Zeit mit ihm unternehme, wie wir sie gemeinsam füllen.
Alle Zeit, die ich habe, ist ein Geschenk Gottes. Meine Aufgabe ist es, sie zu füllen. Und zwar nicht dadurch, dass ich mir ständig Gedanken darüber mache, ob ich nicht doch hier und da noch mehr Zeit mit meinem Patenkind verbringen könnte. Ich werde künftig versuchen, den Augenblick mehr zu genießen - wenn ich mit ihm ins Schwimmbad fahre oder  in den Wildpark oder einfach mit ihm spiele. Dann muss ich mich nicht mehr mit einem schlechten Gewissen rumplagen und bin dadurch automatisch viel entspannter für mein Patenkind. Letztlich profitieren wir dann also beide. Und so soll es ja auch sein.

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