SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Bei uns sind sie regelmäßig auf der Straße zu sehen: die kleinen weißen Flitzer der Ökumenischen Sozialstation. Sie fahren von einem Ort zum anderen, von einem Patienten zum nächsten. Aber für sie sind es eben nicht nur Patienten, es sind ganz konkrete Menschen: es ist Frau Meierschulze, die zuckerkrank ist und jeden Morgen ihre Insulinspritze braucht, es ist Herr Schmittmüller, der bettlägrig ist und jeden Tag gewaschen und versorgt wird.
Das Pflegepersonal weiß genau was zu tun ist und wie viel Zeit sie für jeden Handgriff, für jede Leistung zur Verfügung haben. Das ist vorgeschrieben und nur das kann abgerechnet werden. Kleine Wäsche so viele Minuten, große Wäsche ein paar Minuten mehr. Aber trotzdem handeln die Schwestern und Pfleger oft gegen die Vorschrift. Denn sie sehen hier einen Menschen, der sie braucht, der auf sie angewiesen ist. Und deswegen handeln sie menschlich, sie machen auch Sachen, für die sie nicht bezahlt werden: Sie bringen die Zeitung mit rein, sie ziehen die Rollläden hoch. Sie schenken dem Kranken trotz der knappen Zeit noch ein Lächeln, sie machen eine liebevolle Bemerkung oder hören einfach mal nur zu. Der Kranke ist eben nicht nur der Patient, der medizinische Hilfe braucht, sondern ein Mensch, der mit seiner Krankheit und Schwäche lebt.
Ich glaube, beides ist nötig: die medizinische Hilfe und ein offenes Ohr, die Insulinspritze und ein liebevolles Wort, die morgendliche Wäsche und ein Lächeln. Ich finde: die Schwestern und Pfleger handeln genauso wie Jesus es von uns erwartet. Er hat die Menschen aufgefordert, Kranke zu besuchen und sich um sie zu kümmern. Kümmern bedeutet für mich mehr als nur medizinische Versorgung, Kümmern heißt, sie als Menschen anzusehen und anzunehmen.
Ich glaube, da könnten viele von uns ein bisschen mehr tun. Und es ist gut, dass es die Schwestern und Pfleger in den kleinen weißen Flitzern gibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16808
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