SWR2 Wort zum Tag

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„Wo ist denn dein Gott?“ In Psalm 42 streitet ein betender Mensch mit dem Spott der anderen und mit sich selbst: „Ich will zu Gott sagen: warum vergisst du mich? Warum muss ich unglücklich gehen? Die Menschen verhöhnen mich und sagen: Wo ist denn dein Gott?“

Heute wird nicht selten über das Fragen nach Gott gesprochen. Man kann immer wieder lesen, dass Menschen nicht mehr nach Gott fragen, ja dass ihnen der Glaube an Gott nicht einmal fehlt. Weiter kann man lesen, dass die Kirchen die Frage nach Gott wieder stärker thematisieren müssten.

Wer den Psalm 42 liest und in sich nachklingen lässt, wird auf eine völlig andere Weise in die Frage nach Gott hineingenommen. Ein Mensch sehnt sich danach, seinem Gott zu begegnen. Er kann ihn nicht vergessen. Er will ihn ja loben – aber er ist verzweifelt. Die Wogen des Unglücks sind über ihm zusammengeschlagen. Sein Unglück spricht gegen sein Gottvertrauen. Die anderen haben Recht: Wem es so schlecht geht, dem hat sein Gott nicht geholfen. Der hat keinen Gott. Der hat ihn sich eingebildet. Die anderen höhnen und spotten: Wo ist er denn, dein Gott?

Diese Frage drängt nicht nur von außen an diesen Menschen heran. Sie wird genauso und vielleicht noch heftiger in seinem eigenen Innern laut. Dagegen hält der Beter seine Erinnerungen und seine Hoffnung. Sein Gebet ist zugleich Zwiegespräch und Streit mit sich selbst, so eindringlich und zu Herzen gehend, dass sich mir diese Erkenntnis aufdrängt: So muss es sein, nicht anders, so muss der Streit um Gott geführt werden: für Gott und gegen ihn, aber in der Beziehung zu ihm.

Hier geht es nicht um den allgemeinen Glauben an Gott, sondern einem Menschen wird sein Gott nicht geglaubt. Und dieser Mensch lässt den inneren Kampf laut werden. Wer streitet? Einer, der Schlimmes erleidet und sich an vergangenes Glück erinnert, streitet um seine Hoffnung auf eine glückliche Zukunft, die ihm Gott schenken wird. „Was schnürst du dich zu, meine Kehle, und stöhnst gegen mich? Hoffe auf Gott, ich werde ihn wieder loben, der mein Angesicht öffnet und mich befreit.“

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