SWR2 Wort zum Tag

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Viele Eltern lassen ihre Kinder taufen. Andere entscheiden sich bewusst dagegen. Beide haben gute Gründe für ihre Entscheidung.

Wenn Eltern ihre Kinder nicht taufen lassen, dann nicht selten mit dem Wunsch, sie in einer wesentlichen Dimension ihres Lebens nicht fremd zu bestimmen. Die Kinder sollen selbst über ihren Glauben entscheiden können, wenn sie einmal dazu fähig sind.

Aber ist es tatsächlich so, dass die Taufe ein Kind fremdbestimmt?

Die Bilder von der Taufe Jesu sprechen eine andere Sprache. Als er sich von Johannes am Jordan taufen lässt, bringt ihn diese Taufe gerade nicht dazu, sich Johannes und dessen Bußbewegung anzuschließen. Vielmehr empfängt Jesus bei seiner Taufe die Gewissheit, von Gott als Sohn erkannt und geliebt zu sein. Diese Gewissheit ermächtigt ihn dazu, seinen eigenen Weg zu suchen und zu gehen. Dieser Weg entsprach nicht den Erwartungen des Täufers. Es war Jesu eigener Weg und er führte ihn eben dahin, Menschen, denen er begegnete, diese Botschaft weiterzusagen, die er selbst empfangen hatte: Gott ist dir nahe. Inmitten deiner Zugehörigkeiten zu Familie, Volk und Religion bist du gerufen, auf die Stimme in deinem eigenen Innern zu hören und deinen eigenen Weg zu gehen.

Diese Botschaft lässt die Menschen seiner Zeit aufhorchen. Jesus spricht anders als die damaligen Lehrer und Rabbiner. Er erlaubt den Menschen, sich unmittelbar als Sohn und Tochter Gottes zu erkennen und diese Beziehung als Quelle ihrer Freiheit anzunehmen.

„Ich will laufen lernen, ohne dass mir der Weg vorgeschrieben wird“, hat der Dichter Peter Härtling gesagt. Das möchten Eltern ihrem Kind ermöglichen, wenn sie es nicht taufen lassen.

In diesem Satz zeigt sich aber genauso, worin der gute Sinn der christlichen Taufe liegt. Dass Menschen sich nämlich unterscheiden dürfen, innerhalb ihrer Familie, ihres Volkes und ihrer Religion; dass sie anders sein dürfen, ohne deswegen ausgeschlossen zu werden. Sie sind eingeladen, immer lebendiger zu werden, auf ihre ureigene Berufung zu hören und so die Gemeinschaft, der sie angehören, zu beleben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16798
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