SWR3 Gedanken

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Der kanadische Lottogewinner Tom Crist hat für Schlagzeilen gesorgt. Er hat den gesamten Gewinn von knapp 30 Millionen Euro an gemeinnützige Organisationen gespendet. Er sagt, er will so weiterleben wie bisher. Er möchte nicht, dass das Geld ihn verändert. Stark, finde ich. 

Vom Verhältnis zwischen reich sein und glücklich sein erzählt auch Jesus in einem Gleichnis. Es ist eine der umstrittenen Stellen in der Bibel. Jesus sagt: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“  

Dieser Satz hat vor allem unter den Reichen immer wieder dafür gesorgt, dass sie sich empört haben. Und so haben Theologen immer wieder versucht, diese Stelle anders zu übersetzen oder zu interpretieren. Eine Interpretation bezieht sich auf das Kamel, was auf Griechisch kàmelos heißt. Kamilos heißt nämlich Schiffstau, und das wäre ja zugegebenermaßen ein bisschen leichter einzufädeln, als ein Kamel. Die Aufgabe bliebe aber immer noch groß.  

Andere Zweifler beziehen sich auf das Nadelöhr. Damit sei eine enge Gasse mit einem niedrigen Tor in Jerusalem gemeint. Dort passe nur ein einzelner Mensch ohne Gepäckstücke durch. Inzwischen weiß man aber: Das Tor hat es nie gegeben.

Ich glaube, es hilft alles nichts. Der Satz ist einfach typisch Jesus und drückt eine unangenehme Wahrheit aus: Es ist verdammt schwer, reich zu sein und gleichzeitig glücklich. Denn es ist schwer, mit Geld richtig umzugehen. So nämlich, dass es nicht den Charakter eines Menschen ändert. Meistens übernimmt das Geld die Herrschaft. Diesem Effekt hat Tom Crist mit seiner großzügigen Spendenaktion keine Chance gegeben.  

Ich muss ja nicht gleich meinen gesamten Lottogewinn verschenken. Aber wenn ich an Besitz hänge oder Reichtum anhäufe, dann könnte ich darauf achten, dass nicht das Geld mich regiert, sondern die Menschlichkeit.

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