SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Ich kann ohne Hoffnung nicht leben.
Das hat der Liedermacher Wolf Biermann vor Jahren bei der Verleihung des Georg- Büchner-Preises gesagt. Wer könnte diesem Satz widersprechen?
Für mich ist Hoffnung ein Geschenk des Advents. Aber was ist meine Hoffnung? Worauf warte ich im Advent? Wenn ich ehrlich bin: Auf nichts anderes als das ganze Jahr über. Ich hoffe, ich warte darauf, dass das, was ist, nicht alles ist. Ich hoffe, ich warte:  auf Frieden, damit keine Gewalt mehr einen anderen tötet. Ich hoffe auf Brot für jeden, damit niemand mehr Hungers sterben muss. Und ich hoffe auch in den großen Hoffnungen immer zugleich auf das kleine Glück. Solches Hoffen bewahrt vor der Verzweiflung über die Gegenwart von Krieg und Hunger und Leid.
Für solches Hoffen steht der Name Jesu, und der kommt im Namen des Herrn, verkündetden Hoffnungsnamen Gottes. Darum ist es wichtig, wie ich in meinem Leben diesem Namen Raum gebe. Aber wie geschieht das?
Auf diese Frage antwortet ein kurzer Abschnitt im Römerbrief:
Seid niemand etwas schuldig, außer, dass ihr einander liebt; denn wer den anderen liebt, der hat das Gesetz erfüllt.
Das ist Evangelium, konzentriert in einem Satz: Ihr schuldet einander nichts außer dem einen: einander zu lieben. Nur dies. Das heißt für mich: für den Anderen offen zu sein, ihm Hoffnung zum Leben zu ermöglichen. Licht im Dunkel zu sein. Diese Hoffnung ist ein großes rundes Brot, das man zusammen essen muss, erst dann wird man satt, sagt Fulbert Steffensky. Das ist es, was im Neuen Testament das Wort Liebe meint. Im Kommen Jesu hat diese Liebe in der Welt Gestalt gewonnen. Sein Leben und seine Verkündigung wollen mich zu unterschiedlichem Handeln inspirieren. Denn Liebe und Offenheit für den Anderen werden in jeder Lage anders aussehen: hier materielle Hilfe, dort das offene Ohr, hier Ermutigung und Trost, dort Widerspruch und Widerstand, hier Fürsprache, dort Protest.
Solche gelebte Offenheit ist ein Stück aufgeklärter Lebensstrategie. Sie kann Menschen zusammenführen – Menschen, die einander sympathisch sind oder nicht, fremd oder einander vertraut, gleich oder ungleich.
Darum ist Advent mehr als Kerzenschein. In diesem „Mehr“ ist es eine gesegnete Zeit. Sie ist Licht im Dunkeln, geteiltes Brot, gelebte Hoffnung.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16579
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