SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Das Glaubensbekenntnis von Dorothee Sölle begleitet mich seit vielen Jahren. Ich möchte in dieser Adventswoche den ersten Artikel bedenken. Da heißt es:

ich glaube an gott
der die welt nicht fertig geschaffen hat
wie ein ding das immer so bleiben muss
der nicht nach ewigen gesetzen regiert
die unabänderlich gelten
nicht nach natürlichen ordnungen
von armen und reichen
sachverständigen und uninformierten
herrschenden und ausgelieferten
ich glaube an gott
der den widerspruch des lebendigen will
und die veränderung aller zustände
durch unsere arbeit
durch unsere politik

Für mich ist das ein starker Text, in seiner Sprache und in seiner theologischen Aussage. Dreimal wird das „nicht“ betont: die Welt, die Gott geschaffen hat, ist nicht fertig wie ein ding. Gott regiert die Welt nicht nach ewigen gesetzen. Die gesellschaftlichen Unterschiede sind nicht unabänderlich.
Gegen dieses „Nicht“ steht: Ich glaube an gott / der den widerspruch des lebendigen will und die veränderung aller zustände. Gott will meine Mitarbeit, will mich als Werkzeug dieser Veränderung. Gott, der die Welt nicht fertig geschaffen hat, nimmt mich in Verantwortung, an Veränderungen in der Welt mitzuarbeiten.  
Aufhorchen lässt mich der Satz: ich glaube an gott / der den widerspruch des lebendigen will… Der Theologe Peter Cornehl hat diesen Satz noch zugespitzt. Vielleicht meine er nicht nur ich glaube an gott / der den widerspruch des lebendigen will, sondern auch Ich glaube an Gott, der der Widerspruch des Lebendigen ist. Denn der biblische Gott kann sich nicht mit dem abfinden, was ist, sondern er setzt auf Widerspruch, um zu verändern, was gegen seinen Willen steht.
Wenn ich also sage: ich glaube an Gott. Dann heißt das für mich: er hat mit meinem Leben und mit meinem Verhalten in der Welt zu tun. Gott nimmt mich in Anspruch für ein geschwisterliches Miteinander. Ich muss leben, dass ich in Beziehung zu Gott bleibe. Denn von dieser Beziehung geht eine Hoffnung aus, mit der und aus der ich leben kann. Gott als widerspruch des lebendigen zu verstehen, heißt, die Welt mit den Augen Gottes sehen. Das heißt: Es sind die Augen jener Liebe, die nichts und niemand aufgibt und die das, was sie an Negativem sieht, verändert.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16577
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