Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Bei minus 15 Grad habe ich auch schon draußen geschlafen.“ erzählt Helmut. Klar – was bleibt einem denn anderes übrig, wenn man keine Wohnung hat.

Helmut ist Mitte vierzig. Jahrelang lebte er auf der Straße. Übernachtet hat er, wo es sicher war. Manchmal auch auf Friedhöfen. In letzter Zeit war sein Standquartier in der Nähe des Bahnhofs. Dort hatte er seinen Schlafsack deponiert und seine Kleider. In ein paar Plastiktaschen waren seine ganzen Habseligkeiten verpackt.

Am Bahnhof sind ein paar Leute auf Helmut aufmerksam geworden. Die Taxifahrer haben ihn angesprochen. Auch die Bahnpolizei kam mit ihm ins Gespräch. Die Verkäuferinnen in der Bahnhofsbäckerei lernten ihn kennen. Und diese Mitmenschen fanden einen Draht zu ihm. Sie lernten Helmut verstehen. Mit allem, was er innerlich mit sich trug. Und auch mit dem Alkohol, mit dem er sich manchmal über seine Situation hinwegtröstete. Und so bekam Helmut ab und zu einen Kaffee, etwas zu essen, warme Kleidung.

Weil es diese aufmerksamen Mitmenschen gab, die sich in ihn hineinversetzen konnten. Helmut erlebte, dass sich andere um ihn kümmerten – und das hieß: Er machte die Erfahrung, dass er anderen wichtig war. Er hatte Freunde gefunden. Er konnte wieder an sich glauben.

Und so war es kein Wunder, dass er eines Tages auch vom Alkohol lassen konnte. Als er zwei Monate trocken war, kam der nächste Schritt: Der Wunsch nach einem Dach überm Kopf. Seine neuen Freunde machten sich mit ihm gemeinsam auf Wohnungssuche. Das war nicht so einfach. Aber die Freunde ließen nicht locker. Und so haben sie schließlich ein kleines Einzimmer-Appartement für Helmut gefunden.

Bis er einziehen konnte, hat ein Schausteller von der Kirmes ihm ein paar Wochen lang eine Unterkunft bezahlt. „Für mich ist das selbstverständlich“ sagte er. „Es ist traurig, dass nicht jeder in seinen Verhältnissen hilft. Heute rennt jeder nur seinem Ding nach.“

Helmut hat erlebt, dass es auch anders geht - wenn es aufmerksame Menschen mit Mitgefühl gibt. In der Zeitung habe ich ein Foto von ihm und seinen Freunden gesehen. Helmut strahlt – und seine Freunde auch. 

Für diese Ansprache stütze ich mich auf den Artikel „Ein Zuhause für Helmut“ von Kathrin Thomas in der Pfälzer Regionalzeitung „Die Rheinpfalz“ vom Dienstag, 15. Oktober 2013.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16561
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