SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

06JUL2007
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Ein Freund hat sein Handy verloren. In Lissabon in einem Taxi. Mein Freund versucht sein Glück und ruft sein eigenes Handy an. Tatsächlich geht jemand dran, er hört für ihn unverständliches portugiesisches Stimmengewirr, dann wird aufgelegt. „Keine Sorge“ versichert ihm der Hotelportier, die Taxifahrer hier sind alle ehrlich, die geben Handys immer im Fundbüro ab. Tapfer macht mein Freund sich auf den Weg, das Lissaboner Fundbüro zu finden. Ein netter Mitarbeiter legt ihm dort Kästen voller Handys vor, die in den letzten Monaten in Lissabon verloren gegangen sind. Keiner hat sich nach ihnen erkundigt. Hier liegen sie und warten darauf, dass sich jemand auf die Suche nach ihnen macht. Merkwürdig: ein Kommunikationsabbruch im Kommunikationszeitalter...
Plötzlich entsteht ein Bild vor meinem inneren Auge: Was wäre, wenn jedes verlorene Handy für ein abgebrochenes Gespräch mit Gott steht? Schließlich kann einem auch der Kontakt zu Gott abhanden kommen, die Kommunikation mit ihm kann tatsächlich abbrechen. Menschen verlieren den Kontakt zu Gott, manchmal merken sie es im Moment des Verlustes gar nicht. Wenn sie versuchen, wieder mit Gott zu sprechen, hören sie vielleicht nur unverständliches Gebrabbel, aber nichts, was ihnen tatsächlich weiterhilft. Und der Weg zu der Stelle, die ihnen weiterhelfen könnte, der erscheint mühsam und aufwändig. Das Handy meines Freundes war übrigens nicht in den Kisten, er wird sich ein neues kaufen müssen.
Einen neuen Glauben allerdings kann man nicht so einfach kaufen. Sicher gibt es unzählige Sonderangebote und auch einige sehr teure Ersatzmodelle. Doch ein rechter Ersatz ist das nicht - jedenfalls, wenn es um das Gespräch mit Gott geht.
Also lohnt es sich schon, den Glauben wiederzufinden, auch wenn das mindestens so aufwändig erscheint, wie zum Fundbüro in Lissabon zu gelangen. Manche machen sich - übrigens erfolgreich - auf den Weg nach Santiago de Compostela, um auf dem Jakobsweg wieder zum Gespräch mit Gott zu finden. So weit muss es nicht sein - es geht auch auf einem inneren Weg, auf der Suche nach einem stillen Moment am Tag, an dem ich, tastend, vorsichtig, neu versuchen kann, mit Gott zu sprechen. Oft helfen vertraute Worte, z.B. das Vater Unser. So hat es schließlich Jesus Christus selbst seinen Jüngern nahe gelegt. Oder ich gehe in eine Kirche und spüre, ob sich im Gottesdienst neue Verbindungen ergeben, mich ein Gebet, ein Bibelwort anspricht wie ein Anruf von „oben“.
Mag sein, es kommt einem zunächst so fremd vor wie Portugiesisch, wenn ich neu versuche, mit Gott zu reden. Es braucht vielleicht seine Zeit, bis der Empfang wieder klar ist und die Verbindung steht. Doch Gott wartet geduldig, so geduldig wie die Handys im Fundbüro von Lissabon warten, dass das Gespräch mit ihnen wieder aufgenommen wird. Und Gott hat auch keine Mailbox vorgeschaltet, sondern ist persönlich da. Für jeden. Jederzeit.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1656
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