SWR2 Wort zum Tag

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Advent kann man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Advent schmeckt: Nach Lebkuchen, Anisplätzchen, Glühwein, Zimtsternen. Auch nach Kindheit und Sehnsucht. Ich finde, Advent schmeckt nach: Leben! Das passt. Schließlich feiern wir am Ziel des Advents das Fest des Lebens. Und zu einem Fest gehört ein Festessen nun einmal zwingend dazu. Es gibt kein Fest unter Menschen, bei dem nicht gegessen wird. Stellen Sie sich eine Hochzeit vor ohne Festmenü, eine Konfirmation ohne anschließende Feier und selbst nach Beerdigungen essen die Menschen miteinander und vergewissern sich so, dass sie leben.
Früher diente die Adventszeit als Fasten- und Bußzeit dazu, den Festtagsbraten am Weihnachtstag noch köstlicher schmecken zu lassen. Manche Menschen halten das heute noch so, immerhin: bei uns zu Hause gab es Plätzchen, die kamen erst an Weihnachten auf den Teller, nicht vorher. Auf die musste man warten. Das waren dann echte Advents - eben Warte-Plätzchen. Und es ist ja auch schade, wenn einem am Weihnachtstag das Festessen nicht mehr schmeckt, weil man sich in der Adventszeit zu viel des Guten gegönnt hat. Ein paar enthaltsame Tage im Advent könnten also möglicherweise die Weihnachtsfreude steigern. Und helfen, die Besonderheit dieser Zeit wahrzunehmen, in der das Leben in eine todverfallene Welt kommt.
Jesus hat das Himmelreich mit einem Festmahl verglichen. Und so kann, wenn ich es denn will, mir jedes Plätzchen und jeder Zimtstern ein Vorgeschmack himmlischer Herrlichkeiten sein. Und ich glaube, so ist die Sache mit den Plätzchen auch ursprünglich gemeint. Weil wir leibhaftigen Menschen schon etwas Leibhaftiges brauchen, um uns den Himmel vorstellen zu können. Köstliche Dinge, die uns vor Vergnügen ergötzen. So mag der Himmel sein. Und warum sollte nicht schon ein Gang über den Weihnachtsmarkt mit allen wunderbaren Geschmackswelten einen Blick nach oben eröffnen?
Den Himmel kann man sich so auf der Zunge zergehen lassen. Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist, meint ein biblischer Psalm. Viele Gemeinden laden mit diesen Psalmworten auch zum Abendmahl ein. Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist. Beim Abendmahl geht es ja auch darum, Gott leibhaftig zu schmecken.
Advent schmeckt. Ein bisschen wie der Himmel. Als Kind habe ich gedacht: Der Himmel riecht nach Anis. Vielleicht ist ja mehr dran als ich, erwachsen geworden, lange dachte. Er meint es ja gut mit uns, unser liebevoller Gott, der sich schmecken und sehen lässt.

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