Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Ich will ja nicht die Katze im Sack kaufen“,  sagt mir die junge Frau und erklärt so, warum sie mit ihrem Freund erst mehrere Jahre zusammenlebte, bevor sie ihn heiratete. Hätte ja sein können, dass er sich als bequem und unordentlich entpuppt und dass sie mit ihm gar nicht zusammenleben könnte. „Und dafür ist eine Ehe dann doch eine zu große Investition“, meint sie.

Ich verstehe die junge Frau in ihrem Bedürfnis nach Klarheit und Sicherheit. Viele Partnerschaften scheitern, und dann erscheint die gemeinsame Zeit vielleicht wie eine Fehlinvestition.

Trotzdem verwirrt mich die Wortwahl. „Kauf und Investition“, das sind Worte aus Handel und Wirtschaft – was haben sie mit Liebe und Beziehung zu tun? Ich fürchte, sehr viel. Inzwischen gehen viele Menschen an eine Partnerschaft heran wie an andere Dinge, an einen Hauskauf oder einen Berufswechsel: Was bringt es mir? Lohnt der Aufwand? Treffe ich die richtige Entscheidung? Dieses nüchterne kaufmännische Abwägen gilt inzwischen für fast alle Lebensvorgänge, eben auch für Partnerschaften. Schließlich will ich die Katze nicht im Sack kaufen, und meine Investition soll sich lohnen.

Doch da haben sich die falschen Fragen eingeschlichen: Anders als beim Autokauf geht es bei einer Beziehung nicht darum, dass ich die richtige Entscheidung treffe zwischen zwei Marken oder Modellen. Einen Menschen zu lieben, ist keine Frage von richtig oder falsch. Es ist immer ein offenes Projekt, bei dem ich täglich meine Entscheidung für den Geliebten erneuere und immer wieder zur richtigen Entscheidung mache. Wenn der geliebte Mensch krank oder pflegebedürftig wird und mir das nicht passt, dann war nicht meine Entscheidung falsch. Vielleicht habe ich nur die Reichweite meiner Entscheidung unterschätzt und zögere deshalb, mich jetzt wieder neu für ihn zu entscheiden. Und das könnte daran liegen, dass sich eine andere falsche, ebenfalls berechnend-kaufmännische Frage eingeschlichen hat.
Diese falsche Frage lautet: Wird mich dieser Mensch glücklich machen?
Die richtige Frage lautet aber: Wie kann ich alles für das Glück dieses Menschen tun?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16527
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