SWR4 Abendgedanken

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Wenn früher ein Mensch gestorben ist, wussten alle was zu tun ist. Die Familie hielt Totenwache, die Witwe trug schwarze Kleider, das Grab wurde schön geschmückt. Damals haben die Nachbarn darauf geachtet, dass diese Rituale eingehalten wurden. Heute haben wir mehr Freiheiten, wenn wir Abschied nehmen müssen. Die Trauer ist persönlicher geworden. Stirbt ein geliebter Mensch, stellen sich nun viele Fragen: Wie gehe ich damit um?? Was mache ich, wenn der Schmerz nicht besser wird?

Der Psychologe William Worden hat dazu ein Buch geschrieben. Es handelt davon, wie wir gut Abschied nehmen können. Es liefert sicher kein Patentrezept. Vielleicht kann es aber dabei helfen, dass ich mich in meiner Trauer nicht verliere. Der Autor spricht von vier Aufgaben, die sich für Trauernde stellen.

Die erste Aufgabe besteht darin, den Tod zu akzeptieren. Besonders nach einem plötzlichen Tod fällt das gar nicht so leicht. Wenn ich davon erfahre, schießt mir vielleicht der Gedanke durch den Kopf: „Aber wie kann das sein, ich habe doch gestern noch mit ihm gesprochen.“ Doch ich kann nicht ewig davor die Augen verschließen. Irgendwann muss ich einsehen, der andere ist tot.

Die zweite Aufgabe lautet: Den Trauerschmerz zulassen. Starke Gefühle sind mit der Trauer verbunden. Oft rollen Tränen, manchmal kommen Wut oder Verzweiflung dazu. Ein echtes Gefühlschaos. So etwas kann Angst machen. Manche Menschen lassen diese Gefühle verständlicherweise erst mal nicht zu. Aber: Ohne Gefühle keine Trauer – auch wenn es weh tut.

Die dritte Aufgabe betrifft den neuen Alltag. Auch nach dem Tod eines geliebten Menschen geht das Leben irgendwie weiter. Ich muss mich in der Welt neu einrichten. Dazu gehören viele kleine und große Dinge: Wer gießt ab jetzt die Blumen? Wer kümmert sich um die Steuererklärung? Der Alltag muss gemeistert werden.

Am Ende stehen wir vor Aufgabe vier. Der Blick richtet sich wieder nach vorn. Wochen oder Monate habe ich vor allem an die Vergangenheit gedacht. Was habe ich zusammen mit dem Verstorbenen erlebt? Doch irgendwann kann ich mich ablösen, auch wenn die Erinnerungen bleiben. Neue Ziele ergeben sich. Vielleicht ein neues Hobby, das mich begeistert. Oder eine neue Partnerschaft, die mir Lebensfreude schenkt.

Eines ist klar: Für die Trauer gibt es kein einfachen Lösungen. Aber diese vier Aufgaben könnten dabei helfen, sich auf die Trauer einzulassen.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16374
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