Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Jetzt haben wir ihn wieder, den November. Manche fragen sich ja: Was hat sich der liebe Gott bloß dabei gedacht, als er diesen Monat gemacht hat. So grau, so kalt. Die Bäume kahl, die Straßen nass, die Sicht vernebelt. Und diese ganze Tristesse wird auch noch getoppt durch Feiertage wie: Volkstrauertag, Buß- und Bettag, Totensonntag. Viele fühlen sich da allein und manchmal sogar gottverlassen.
Aber Jesus hat gesagt: Seht, das Reich Gottes ist mitten unter euch! Damals war auch Endzeitstimmung. Auf den Straßen und Plätzen hat man immer mehr Arme und Kranke herumliegen sehen. Für die sich niemand stark gemacht hat. Niemand hat die Mächtigen, die römischen Besatzer in die Schranken ihrer Macht gewiesen. Und so haben viele gefragt: Wann geht es denn endlich wieder gerechter zu unter uns? Wann müssen wir endlich nicht mehr so viel Sorgen haben? Und wie lang dauert es denn noch, dass ein Wunder geschieht?
Und Jesus sagt: Das Reich Gottes ist mitten unter euch! Es ist schon da. Jetzt schon könnt ihr Gott nah sein. Könnt euch geborgen fühlen und auf ein besseres Leben hoffen.
Jetzt schon. Mitten im November des Jahres. Und im November des Lebens.
Eine Frau, die ihr Kind verloren hat, hat mal zu mir gesagt: Es ist schön, wenn mir jemand gute Worte sagt. Aber manchmal helfen die auch nicht. Manchmal ist meine Trauer so stark, dass mich kein Wort erreicht. Dann gehe ich in den Garten oder in den Wald. Ich rede mit den Bäumen- ohne Worte und sie sprechen zu mir. Kahle Bäume sind wunderschön.
Vielleicht geht es Ihnen manchmal ähnlich. Dass Worte nicht wirklich weiterhelfen. Mir hilft dann oft, einfach in der Natur zu sein. Ich bin einfach da. Atme, rieche, berühre einen Baumstamm. Und fühle mich auf wundersame Weise verbunden- mit der Schöpfung, mit der Welt. Die kahlen Bäume im November sehen zwar aus wie tot. Aber sie sind nicht tot. Sie haben ihre Kräfte nur zurückgezogen in den Stamm und in die Wurzeln. Sie sammeln neue Kraft für das Leben danach. Für den Frühling.
Vielleicht ist es das, was Gott sich mit dem November gedacht hat. Als eine Zeit, das Leben ein wenig nach innen zu verlagern, sich ein wenig auf die eigenen Wurzeln zu besinnen. Das Reich Gottes ist mitten unter uns. Seine Kraft ist in uns lebendig. Und sie wird uns auch weiterhelfen. In eine andere Zeit. Neues Leben im Frühling.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16330
weiterlesen...