SWR2 Wort zum Tag

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Wer schreibt der bleibt - zumindest dann, wenn man Dr. Martin Luther heißt und von Johannes Gutenberg unterstützt wird. Der Mainzer Nationalheld Gutenberg sorgte dafür, dass der Gründer meiner evangelischen Kirche im Schnelldruckverfahren zum bekanntesten Mann Europas wurde - und das mit nachhaltiger Wirkung. Die Sätze, die Martin Luther vor mehr als 500 Jahren an die Schlosskirche in Wittenberg geheftet, an Erasmus von Rotterdam gerichtet, an den Adel deutscher Nation geschrieben hat - sie überdauern die Jahrhunderte.
Wer schreibt der bleibt. So hieß es immer. Spätestens seit einem halben Jahr bin ich mir da aber nicht mehr so sicher - was aber auch an dem Qualitätsunterschied zwischen Martin Luther und mir liegen mag. Denn vor einem halben Jahr sind zwei Bücher, die ich geschrieben habe, unwiederbringlich verbrannt. Gemeinsam mit fünf Millionen anderer Bücher, beim größten Brand seit der Bücherverbrennung der Nazis, wie die FAZ feststellte. Die Lagerhalle eines Verlags war in Flammen aufgegangen und das betraf auch zwei Bücher, in deren Herstellung ich sehr viel Zeit und Herzblut investiert habe. Am Reformationstag 2013 resümiere ich dazu: 1. Besser, es hat meine Bücher final erwischt als die von Martin Luther und 2.: Es ist schwierig, wenn ein Mensch sich über seine Bücher oder ein anderes Werk definieren will.
Seit einem halben Jahr habe ich dank des Lagerhausbrandes bei Leipzig ein entspanntes Verhältnis zu meiner Lebensleistung. Mag sein, meine Bücher sind in Flammen aufgegangen - was wirklich wichtig war und ist von mir, das kann keine Flamme zerstören. Seit diesem Lagerhausbrand definiere ich mich nicht mehr über das, was gedruckt von mir zu lesen ist. Da hat Martin Luther schon recht, der zwar die Erfindung Gutenbergs für seine Zwecke geschickt zu nutzen wusste, aber ganz gewiss wenig Ehrgeiz in Bezug auf weltlichen Ruhm hatte. Wenn jemand vor den wichtigsten Menschen der Welt auf seiner Meinung beharrt, nicht aus Starrsinn, sondern um Gottes und seiner Wahrheit willen, dann macht der sich nicht von Erfolg abhängig. Sondern von Gott. Das gefällt mir. Und da ertrage ich auch, dass ich wohl nicht bleibe, weil ich schreibe, oder weil ich ein rüstiger Rentner bin, eine gute Ärztin, ein sorgfältiger Bankbeamter oder welchen Platz mir Gott auch immer zugewiesen hat in meinem Leben, sondern weil Gott mich lieb hat. So wie ich bin.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16297
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