Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Einmal habe ich ein neues Feuerwehrauto gesegnet. In einer ökumenischen Feier.Das Gebet war  von mir, das Weihwasser vom katholischen Pfarrerkollegen. Oft kommt das nicht vor, dass man außerhalb des Gottesdienstes segnet, auch wenn etwas so nützlich und wichtig ist wie das neue Fahrzeug der Feuerwehr.

Im Judentum ist das anders. Jüdinnen und  Juden sollen jeden Tag einhundert Mal segnen. Das ist eine Menge.  Deshalb muss man schon am Morgen damit anfangen. Zum Beispiel könnte man sagen: Gesegnet sei  Gott für das Bett, in dem ich geschlafen habe. Gesegnet sei Gott für den Rasierer, der mich von den Bartstoppeln befreit. Gesegnet sei  Gott für den Kaffee, der mich wach macht. Und so weiter.

Das ist nicht nur etwas für religiöse Profis. Und es hat natürlich mit Dankbarkeit zu tun. Wir machen uns bewusst, was eigentlich gar nicht selbstverständlich ist und freuen uns so ganz nebenbei, dass auf unsere Welt trotz aller Probleme und Krisen immer noch Verlass ist. Und mehr als das.

Beim Segnen traue ich mir zu, etwas wirklich Gutes zu sagen und zu wünschen. Und ich vertraue darauf, dass meine Worte weiterwirken und ich durch mein Segnen Gottes Energie in dieser Welt stärke.

Denn mit den vielen kleinen Segensworten segne ich ja Gott selber. Weil er ja diese Welt geschaffen hat und erhält. Ich finde den Gedanken faszinierend.  Stell dir vor: Du segnest Gott, wenn du die kleinen Dinge des Alltags segnest!  Du segnest Gott. Wo es ja sonst immer nur heißt: der große Gott segnet dich. Ich weiß, das klingt schon ein bisschen verrückt: ein schwacher, sterblicher Mensch gibt dem großen und ewigen Gott seinen Segen.

Unsere jüdischen Mitmenschen zeigen damit, dass es ihnen ernst ist mit dem Glauben und dass sie ein Stück von dem zurückgeben wollen, was sie von Gott an Gutem geschenkt bekommen haben. Gleichzeitig vertrauen sie darauf, dass Gott sie ernst nimmt, dass er sich die Menschen als wirkliche Partner wünscht.

Ich bin mir sicher, dass Gott sich über unseren Segen freut. Ich glaube, dass es Gott gut tut, gesegnet zu werden. Und dass er sich dann richtig ins Zeug legt, wenn er uns und seine ganze Schöpfung segnet. Groß und klein, alt und jung, Freud und Leid, eben alles, was dazu gehört.

Wir Menschen fangen aber am besten erst einmal klein an, dankenGott für Alltägliches und segnen das Zeitliche: Frühstück, Radios, Straßenbahnen und bei Gelegenheit auch Feuerwehrautos.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16278
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