SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Fast jeder Mensch wünscht sich für sein Leben eine gute und stabile Partnerschaft. Für viele ist sie sogar wichtiger als gutes Einkommen, Karriere. Was aber heißt hier gut und stabil? Wovon hängt das Gelingen ab?
Ich meine: Jede Beziehung durchläuft vier Stationen oder vier verschiedene Phasen. Da ist zunächst das Liebesnest: Alles ist wunderbar, der Himmel hängt voller Geigen. In der Nähe des Anderen fühlen wir uns stärker, attraktiver und sind zu Unglaublichem fähig. Das ist der Zustand, der in Filmen gezeigt wird. Der Haken: Das kann nicht ewig dauern und soll es auch nicht. Der Hormonspiegel ist viel zu hoch, auf die Dauer würde das niemand aushalten.
Wer zusammenbleibt, gerät meistens auf den Bauernhof: Hier gibt es unglaublich viele Aufgaben: Hausbau, Kindererziehung, Karriere, Kontakte. Hier müssen wir unsere eigenen Wünsche oft zurückstellen, uns anpassen an die Erwartungen anderer. Und irgendwann halten wir es nicht mehr aus, immer nur Aufgaben zu erfüllen.
Das ist der Punkt, wo einer der Partner oder auch beide im Räuberhaus landen. Hier ist es finster vor Wut und Depression. Einer fühlt sich vom anderen ausgeraubt oder missbraucht und sieht ihn fast als Monster. Hier im Halbdunkel gibt man dem anderen die Schuld am inneren Chaos, träumt vielleicht von Trennung. Das ist die Phase, in der viele Partnerschaften zerbrechen. Partner denken: Alles draußen ist besser als hier drinnen. Nur weg von diesem Menschen. Aber auch hier gibt es einen Haken: Wenn ich das Problem nicht in der alten Partnerschaft löse, nehme ich es wahrscheinlich mit in die neue. Besser ist es zu sagen: Dies sind schwere Tage. Aber weil ich das durchstehen will, werde ich mich den Schwierigkeiten stellen und sie überwinden.
Die letzte Station nenne ich das Schloss, die vertiefte Einheit. Leider gibt es dahin keine Abkürzung Um es zu finden, muss man alle Stationen durchlaufen. Ich muss Licht - und Schattenseiten kennen lernen und annehmen, die eigenen und die des anderen. Ich muss Mitgefühl und Verzicht auf Macht gelernt haben. Das ist anstrengend, es fordert Disziplin und Durchhaltevermögen. Aber wie beim Erklimmen eines Berges wird man mit einer phantastischen Aussicht belohnt. Und mit dem Wissen: Wir gehören zusammen, und nur in dieser Beziehung können wir uns ganz entfalten.
Wenn zwei Menschen dort, im Schloss, ankommen, dann sind sie bestimmt nicht besser als andere. Es ist ein Geschenk Gottes. Wo er geglaubt wird, da gestaltet er mit.
Im Rückblick haben dann auch das Liebesnest und die Räuberhöhle ihren Sinn.
Und ihre guten Seiten.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1623
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