Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Jeder Mensch hat ein Recht auf Hoffnung!" Das könnte auch Jesus gesagt haben - aber gehört habe ich diese Aussage im Zusammenhang mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, der vor kurzem entschieden hat: Auch lebenslang verurteilte Straftäter dürfen nicht ohne Aussicht auf Freilassung eingesperrt werden. Selbst für die muss es eine Chance auf Bewährung oder Gnade geben, denn jeder Mensch braucht Hoffnung.
Vor allem für die Opfer ist so ein Urteil bestimmt schwer nachvollziehbar. Hoffnung für Täter erscheint gerade angesichts schwerer Verbrechen ungerecht. Und wenn sie erst einmal tatsächlich frei gelassen werden, gehen die Probleme weiter. Die Angst vor ehemals Straffälligen spielt da bestimmt eine Rolle. Verständlicherweise.
Aber mit seiner Entscheidung für die Hoffnung trägt der Gerichtshof zu einer Rechtsprechung bei, in der nicht allein Strafe, sondern auch Gnade eine Rolle spielen.
Und für Gnade hat sich Jesus vor knapp 2000 Jahren noch viel radikaler ausgesprochen.
Zum Beispiel als einmal eine Frau zu ihm gebracht wird, über die er urteilen soll. Sie ist schuldig, denn man hat sie auf frischer Tat beim Ehebruch ertappt. Nach damaligem Gesetz steht darauf der Tod durch Steinigung. Als die Leute ihn fragen, was nun zu tun ist, sagt er: Wer von euch noch nie einen Fehler gemacht hat, der werfe den ersten Stein. (Joh 8,7) Sein Einwurf hat durchschlagenden Erfolg. Kein Mensch traut sich, zu werfen. Einer nach dem anderen geht, bis die Frau mit Jesus alleine dasteht.
Für die Frau geht die Geschichte gut aus. Ihre Lage erscheint zunächst hoffnungslos, aber sie findet Gnade. Obwohl sie einen Fehler gemacht hat, darf sie neu anfangen. Und darauf will Jesus hinaus: auch wer einen Fehler macht  - egal wie schwer - darf hoffen.
Auf Jesus bestimmt, denn der ist gnädig.
Natürlich ist dieser Fall aus heutiger Sicht überhaupt nicht mit Schwerverbrechen zu vergleichen. Aber auch an diesem Fall zeigt Jesus doch, dass wir Menschen entweder Gnade brauchen oder sie eben ausüben sollten, weil keiner ohne Fehler ist.
Dass unsere Rechtsprechung das in den Blick nimmt, finde ich wichtig und ermutigend.
Jesus hätte das unterstützt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16203
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