Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Ich entschuldige mich für das, was passiert ist". Diesen Satz hören wir immer mal wieder in der Öffentlichkeit. Einer hat was falsch gemacht und will sein Fehlverhalten mit diesem Satz aus der Welt schaffen. Das geht aber eigentlich gar nicht: der Schädiger kann sich nicht selbst entschuldigen. Er kann nur darum bitten, dass der Geschädigte ihm die Schuld verzeiht.
Ganz anders, wenn jemand sagt: es tut mir leid, ich bitte um Verzeihung. Das ist eine Selbsterklärung, es gibt ein Gefühl wider. Da hat einer erkannt, dass er falsch gehandelt hat und spürt, dass er einem anderen wehgetan hat. Wenn dahinter keine böse Absicht steckt, kann er Mitgefühl spüren und darum bitten, dass der Geschädigte verzeiht.
Ein Kollege hat sich dieser Tage in die Rente verabschiedet. Ich fand in seinem Abschiedsbrief einen guten Satz. Er hatte geschrieben: hoffentlich bin ich nicht allzu viel schuldig geblieben. Das war keine Entschuldigung für ein konkretes Versagen, aber es war das allgemeine Eingeständnis, dass er in seiner Arbeit „Gutes unterlassen und Böses getan hat" - wie es der Bußakt im Gottesdienst formuliert. Ehrlich gesagt geht es mir auch so: ich unterlasse Gutes, was ich eigentlich tun könnte und manchmal tue ich auch etwas Böses. Da ist es für die Geschädigten gut, wenn ich sage: es tut mir leid. Durch mein Handeln ist jemand nieder gedrückt worden, wenn ich dann aber um Verzeihung bitte, gebe ich ihm die Position der Stärke wieder - im Grunde hat er ja die Freiheit, zu verzeihen - oder nicht. Jesus wurde einmal gefragt, wie oft man seinen Mitmenschen verzeihen müsse: 7-mal?? Nein, sagte er: 7 mal 70 mal - das sind 490-mal. Ganz schön viel, wenn Menschen dazu bereit sind. Im Vertrauen darauf kann ich ruhig öfter um Verzeihung bitten.

*Matthäusevangelium 18, 21-22:

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16116
weiterlesen...