SWR3 Gedanken

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Soziale Gerechtigkeit. Dafür beneiden uns viele im Ausland. Weil es die nur in wenigen Ländern der Welt gibt. Aber was ist das eigentlich: soziale Gerechtigkeit?
Stellen Sie sich vor- drei Jungs stehen vor einem Bretterzaun. Ein großer, ein mittelgroßer und ein kleiner Junge. Hinter dem Zaun gibt's ein Fußballspiel, aber die drei können es nicht sehen, der Zaun ist zu hoch. Sie bräuchten was zum Draufstehen. Also bekommt jeder eine Kiste unter die Füße. Jetzt kann der große Junge das Spiel sehen. Aber die anderen beiden sind immer noch zu klein. Was wollt ihr? Ihr habt doch eine Kiste bekommen? Das war doch gerecht, oder? Nein, meint die Geschichte. Das ist nicht Gerechtigkeit, das ist Gleichmacherei.
Gerechtigkeit sieht so aus: Der Große bekommt eine Kiste, der mittlere zwei und der kleine drei. Soviel Kisten wie sie brauchen, um beim Spiel dabei zu sein. Das ist Gerechtigkeit. Jedenfalls das, was die Bibel unter Gerechtigkeit versteht.
Gottes Gerechtigkeit, so die Bibel, hat zuerst die im Blick, die nicht aus eigener Kraft „über den Zaun" schauen können. In biblischen Zeiten waren das die Witwen, Waisen und Behinderten. Heute sind es vor allem Zeitarbeiter, Alleinerziehende, Hartz IV Empfänger. Die dürfen nicht verloren gehen, sagt die Bibel. Erst dann ist es gerecht.
Und das ist die Wurzel unserer sozialen Gerechtigkeit. Keiner darf verloren gehen. Auch der Kleinste muss mitreden und sich über das Fußballspiel hinterm Zaun mitfreuen dürfen. Das ist übrigens auch für den Großen besser. Er kann seine Freude über das Spiel mit den anderen teilen.
Manchmal, wenn ich durch unsere Stadt gehe, denke ich: Was für ein Reichtum ist das, wenn Leute aus den verschiedensten sozialen Schichten miteinander Feste feiern, auf den öffentlichen Parks miteinander Fussball spielen und nicht voreinander Angst haben müssen. Darum beneiden uns viele in anderen Ländern. Keiner darf verloren gehen. Das ist soziale Gerechtigkeit. Eine große Aufgabe.

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