SWR4 Abendgedanken

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„Das Antlitz!" - so hieß eine Ausstellung des Stuttgarter Künstlerbundes. Man hätte sie auch einfach „Gesichter" nennen können, denn von den Wänden der Ausstellungsräume haben mich ringsum Gesichter angeblickt,  Portraits unterschiedlichster Menschen, in unterschiedlichsten Situationen. Gesichter - fotografiert, gemalt, als Collagen oder auch durch Videoinstallationen dargestellt.

Aber den Künstlerinnen und Künstlern ging es nicht darum, zu zeigen, wie verschieden Menschen aussehen können und dass jeder Mensch etwas Unverwechselbares hat, etwas, das ihn von allen anderen unterscheidet.
Sie wollten weiter gehen. Sie haben dem betreffenden Menschen intensiv ins Angesicht geblickt, um mehr über ihn zu erfahren, um hinter die Fassade zu schauen.

So von Angesicht zu Angesicht kann sich so manches von dem offenbaren, das sich im Inneren eines Menschen abspielt.
Allerdings braucht man dafür ein feines Gespür.
Das „Antlitz", (der Titel der Ausstellung), ist der poetische Ausdruck für Angesicht.
Über das „Antlitz" Wesentliches erfahren und künstlerisch umsetzen. Das ist einigen Künstlern, meines Erachtens, gut gelungen.

Das Antlitz - mit diesem Wort kann aber auch eine Erscheinungsform gemeint sein, etwa „das Antlitz unserer Erde" - oder „das Antlitz des Krieges" - das kann sich widerspiegeln in Bildern von Elend und Zerstörung, aber auch im Gesicht eines Menschen.
In der Stuttgarter Ausstellung hat eine Künstlerin versucht, das Antlitz einer Krankheit darzustellen:
Sie hat ihre an Demenz erkrankte Mutter immer wieder gezeichnet, in den verschiedenen Stadien der Krankheit. Und sie hat die Zeichnungen von mal zu mal  blasser werden lassen - bis man die Gesichtszüge ihrer Mutter gar nicht mehr richtig erkennen konnte. Das hat mich beeindruckt.

Ich meine, es lohnt sich immer, Menschen aufmerksam ins Angesicht zu schauen.

Und in der Bibel ist an vielen Stellen die Rede vom Angesicht oder auch vom Antlitz Gottes.
Das hat ja bekanntlich noch kein Mensch erblickt: Damit soll ausgedrückt werden, wie sich die Menschen Gott vorstellen. Wie er sich ihnen zeigt.
So heißt es in einem Psalm: „Herr, lass' dein Antlitz über uns leuchten". Damit ist wohl gemeint: „Herr du bist gut zu uns. Schau mit Güte auf uns und begleite uns."

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16035
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