SWR2 Wort zum Tag

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Die Kreuzkirche in der Offenburger Innenstadt feiert heute ihr Namensfest. Das trägt den seltsamen Namen „Kreuz Erhöhung". Kreuze sind Symbole des christlichen Glaubens, sie stehen aber auch für Leid und Tod. Vielen Menschen sind sie ein Zeichen für Gottes Nähe.
Spätestens seit dem 4. Jahrhundert wird das Kreuz verehrt. Der Legende nach hat Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin, in Jerusalem das Kreuz gefunden, an dem Jesus gestorben ist. Die Reliquie wurde dort in der Grabeskirche aufbewahrt.
Im 7. Jahrhundert - so eine weitere Legende - haben Perser diese Reliquie geraubt. Der oströmische Kaiser Heraklios hat das Kreuz zurückerobert und wieder nach Jerusalem gebracht. Ursprünglich wurden diese beiden Ereignisse an zwei verschiedenen Festen im Jahr gefeiert. Heute ist davon nur der 14. September übrig geblieben.
Ich habe so meine Schwierigkeiten mit diesen Legenden und auch mit der Reliquienverehrung, aber die Legende mit Kaiser Heraklios hat es mir doch angetan. Auf dem Altar der Kreuzkirche in Offenburg ist sie dargestellt: Kaiser Heraklios hat die Reliquie erobert und will sie zurück nach Jerusalem bringen. Doch er wird wie von unsichtbarer Hand daran gehindert. Erst als er Krone, Purpurmantel und Schmuck abgelegt hat, kann er barfuss die Stadt betreten. In Offenburg ist der Kaiser deshalb nur im Untergewand abgebildet.
Diese Legende erzählt mir etwas anderes, als das, was in der Geschichte so häufig passiert ist: Das Kreuz ist kein Machtsymbol. Es ist auch kein magischer Gegenstand, mit dem ich Unheil abwenden kann. Das Kreuz ist ein Zeichen für Jesus, dafür, dass Gott uns Menschen nahe sein will und uns als Menschen liebt, so wie wir sind. Der Kaiser in der Unterwäsche, das ist für mich ein schönes Bild für einen Menschen, der sich nicht in einer Rolle präsentieren kann.
Vor Gott, vor dem Kreuz bin ich nicht wichtig, weil ich eine besondere Funktion oder ein Amt habe. Auch nicht, weil ich große Leistungen vollbringe. Jesus war für die Menschen da, ohne dass sie dafür in Vorleistung gehen mussten. Und er hat seine Augen nicht vor dem Leiden der Menschen verschlossen.
Nicht nur vor Gott bin ich vor allem als Mensch gefragt. Ähnlich ist es, wenn Menschen in meiner Nähe Leid erfahren, von schweren Krankheiten betroffen sind, um einen anderen Menschen trauern, von Ängsten und Sorgen geplagt werden. Ich bin nicht so sehr in einer Rolle, einer Funktion gefragt, auch wenn ich mich gerne hinter einer professionellen Fassade verstecken würde. Ganz oft bin ich einfach als der Mensch gefragt, der ich bin, ganz ohne besondere Fähigkeiten, ganz ohne Zauberkräfte.
Vielleicht habe ich dabei ein Kreuz in meiner Jackentasche, an dem ich mich festhalte. Das wirkt keine Wunder. Aber es kann mich daran erinnern: Egal, wie hilflos ich mich in dieser Situation gerade fühle, allein bin ich nicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16025
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