SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Unser Sohn ist von einer Mauer gesprungen und hat sich den Fuß verknackst. Bänderriss.
Wie gerne würde er die Situation zurückdrehen auf Anfang. Noch einmal von vorne. Langsam von der Mauer herunter. Mit heilen Bändern aus der Sache herauskommen.
Und ich denke: So ist das öfter im Leben. Dass man sich wünscht, man könnte noch mal von vorne anfangen. Die Zeit zurückdrehen, wie einen Spielfilm, den man einfach noch mal von vorne laufen lässt. "und täglich grüßt das Murmeltier" oder "Lola rennt" -- das sind Spielfilme, die davon handeln, wie es wäre, wenn man eine Szene immer neu erleben könnte. Und es beim nächsten Mal anders macht. Vielleicht sogar besser. Aber das gibt es nur im Film.
Und bei Gott. Da gibt es das auch. Dass ich eine neue Chance bekomme. Davon erzählt die Geschichte von Mose und den zehn Geboten.
Mose hat die Israeliten mit Gottes Hilfe aus der Sklaverei in Ägypten geführt. Sie sind durch die Wüste gezogen, haben Halt gemacht am Berg Sinai, und Mose stieg hinauf, um mit Gott zu sprechen. Die Bibel erzählt: Da gab Gott ihm die zehn Gebote als Zeichen seines Bundes mit Gott, als Grundregeln für ein besseres Leben in der neuen Heimat.
Mose blieb lange auf dem Berg. Unten im Tal ist das Volk auf die Idee gekommen, eine Götterstatue zu bauen: ein goldenes Kalb.
Dann ist Mose heruntergekommen vom Berg.
Er hört und sieht, wie die Menschen um das Götterbild herumtanzen. Da packt ihn die pure Wut.
In seinem Zorn hat er die Stein-Tafeln mit den Zehn Geboten zerschmettert:
Dieses Volk ist sie nicht wert, hat Mose gedacht. Die machen ja doch, was sie wollen. Die hören ja sowieso nicht auf Gott.
Und dann lernte Mose Gott von einer ganz neuen Seite kennen. Er, Gott, sagte: Noch einmal.
Nimm noch einmal zwei steinerne Tafeln, Mose.
Steig noch einmal herauf.
Und Mose ist hinaufgestiegen und hat die zwei steinernen Tafeln mit sich geschleppt. Und hat noch einmal die zehn Gebote von Gott bekommen. Gottes „Noch einmal" mit seinen Menschen.
Was falsch war, wird dadurch nicht ungeschehen gemacht. Aber es bleibt auch nicht für alle Zeit bestimmend. Wenn ich bei Gott danebentrete, darf ich darauf vertrauen, dass das Band zwischen ihm und mir nicht zerrissen ist. Mit Gott gibt es einen Neuanfang.

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