Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Du musst jetzt nichts tun!" Diesen Satz habe ich mir gemerkt. Eine Mutter hat ihn zu ihrer erwachsenen Tochter gesagt. Um sie zu beruhigen, nach einem schweren Schicksalsschlag. „Du musst jetzt nichts tun!" Das war die Antwort auf die Frage ihrer Tochter. „Was kann ich, was muss ich jetzt tun? Wie geht alles weiter?" Alles, was sie sich aufgebaut hatte, war zusammengebrochen. „Was kann ich machen?"- „Du musst jetzt nichts tun!" Die Antwort ihrer Mutter hat gar nicht resigniert geklungen oder ratlos. Einfach klar und kurz: „Du musst jetzt nichts tun!" Erst habe ich gedacht: „Stimmt das denn wirklich? Muss man jetzt nicht an ganz viel denken?" Aber zugleich habe ich etwas gespürt, das war wie - ein Aufatmen: „Du musst jetzt nichts tun!" Weil es einfach stimmt.
Die Situation als solche, den Schicksalsschlag, den kann man nicht ungeschehen machen. Es gibt Situationen, die kann niemand ändern. Aber: Sich fallen lassen, Hilfe annehmen, auch abwarten. Nichtstun - was ich sonst oft weit weg schiebe.
Die Tochter hat jemanden gebraucht, der ihr das sagt. Weil in so einer Situation die Gedanken kreisen. Weil der Druck enorm ist.
Man will ja Verantwortung übernehmen und stößt gleichzeitig an seine Grenzen Man will etwas verändern, wo es -erst einmal -nichts zu verändern gibt. Aber dabei nicht zu resignieren, sondern in diesem Nichtstun auch eine Chance zu sehen - das habe ich damals bei dem Aufatmen der Tochter gespürt.
Im Nichtstun lernt man vielleicht neu Vertrauen. Spürt, dass das Leben dennoch weitergeht. Es gibt Andere, die einem beistehen.
Beim Propheten Jeremia heißt es mal: "Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein".
Die Mutter, die ihre Tochter beruhigte, hat das verstanden. Lass es geschehen. Und vertraue darauf: Wo du etwas aus der Hand gibst, da nimmt Gott es in seine Hände.

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