SWR2 Wort zum Tag

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„Lass deine Sehnsucht nicht erkalten!" So schreibt der heilige Augustinus, dessen Gedenktag heute ist. Augustinus ist katholischen - und auch evangelischen Christen wichtig. Für das Ringen Martin Luthers um einen befreienden Glauben war er bedeutsam. In seiner Biographie und in seinen Texten ist er auch heute erstaunlich aktuell.

Augustinus hat um die Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert gelebt. Bis zum Alter von 30 Jahren suchte er in den vielen verschiedenen religiösen Strömungen seiner Zeit einen Sinn für sein Leben. Seine Schriften lassen keinen Zweifel daran, wie ratlos und auch haltlos er in dieser Suche immer wieder war. Sowohl dieser eher chaotische Abschnitt seines Lebens als auch die Offenheit, mit der er ihn rückblickend beschreibt, lassen ihn fast als einen Zeitgenossen sehen.

Sein bekanntestes Buch sind die Confessiones, die Bekenntnisse, in denen er von sich selber, seiner Sehnsucht und seiner Gotteserfahrung spricht und auch von der Wende in seinem Leben, die er selber Bekehrung nennt. Diese Bekehrung zum Christentum hat seiner unsteten Suche eine klare Richtung gegeben. Von da an hat er in seinen Briefen, Predigten und Bibelauslegungen zentrale Themen des christlichen Glaubens vertieft und dabei die unterschiedlichsten Gesprächspartner gehabt.

Ein Thema taucht wie eine Leitmelodie immer wieder in seinen Schriften auf: das Thema der Sehnsucht. Gebet wie auch Glauben charakterisieren sich für Augustinus zutiefst durch die Sehnsucht. In der Sehnsucht öffnen sich Menschen der Begegnung mit Gott, das ist etwas ganz anderes als der Versuch, Gott zu begreifen. Begreifen- und Besitzen-Wollen verschließt den Menschen. „Ich glaube, dass Gott einen Menschen durch die Sehnsucht zu sich hinzieht", sagt Augustinus. Und an anderer Stelle: „Es gibt ein Gebet in uns, das nie erlischt, unsere Sehnsucht. Die Worte, mit denen wir beten, lassen unsere Sehnsucht wieder aufflammen und geben ihr eine Ausrichtung. Lass deine Sehnsucht nicht erkalten. Im Tun des Guten, betet die Sehnsucht in dir weiter."

Die Sehnsucht durchkreuzt alles Festgelegte, sie lässt sich durch keinen Gegenstand definieren und begrenzen und durch keine Antwort zur Ruhe bringen. Dieser Blick auf den Menschen, auf die unstillbare Unruhe in ihm, ist gerade heute kostbar.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15928
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