SWR3 Gedanken

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Heute bringen Menschen in vielen Kirchen Kräuterbüschel mit, um sie segnen zu lassen. Das ist ein alter Brauch am Fest Mariä Himmelfahrt. Im klassischen Maria-Himmelfahrts-Sträußchen sind neun spezielle Kräuter zusammen gebunden. Jede Pflanze steht auch für etwas, wonach sich die Menschen sehnen.

In die Mitte des Sträußchens gehört die gelb blühende „Königskerze“. Sie steht dafür, dass jeder Mensch eine königliche Würde hat. Drumrum reihen sich „Schafgarbe“ und „Frauenmantel“, zwei alte Heilpflanzen. Sie symbolisieren die Sehnsucht, geheilt zu werden. Es gehört auch ein Haselzweig hinein. So wie die Nüsse durch die Schale geschützt werden, so soll auch der Mensch beschützt sein vor Verletzungen. Der „Beifuß“ soll inspirierend wirken, das „Mädesüß“ und das „Johanniskraut“ stehen für pure Lebensfreude. Die Dolden des „Engelwurz“ und die bläuliche Blüte der „Wegwarte“ sollen uns innerlich stärken.

In den Legenden zum heutigen Fest Mariä Himmelfahrt heißt es, dass Maria mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden ist. Der Himmel war seit jeher der Ort, nach dem sich die Menschen gesehnt haben. Wenn ich mir die Pflanzen aus dem Kräuterbüschel anschaue, die ja für unsere Sehnsüchte stehen, dann müsste der Himmel ein Ort sein, wo jeder seine Würde zurückbekommt. Wo alles heil wird, was im Leben zerbrochen war. Wo es weder Krankheit noch Verletzungen gibt. Wo niemand müde, einfallslos oder depressiv ist, sondern voller Kraft, Ideen und Lebensfreude. Das ist wirklich eine himmlische Vorstellung.

Vielleicht ist es deshalb auch so entscheidend im christlichen Glauben, dass nicht nur die Seele in den Himmel kommt, sondern mit ihr alle Erfahrungen, die wir im Leben gemacht haben und alle Beziehungen, die wir geknüpft haben. Kurz: unsere ganze Lebensgeschichte wird im Himmel verwandelt zum Guten. Das ist der Wunsch und die Botschaft, die in jedem der Kräuterbüschel zu Mariä Himmelfahrt steckt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15857
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