SWR3 Gedanken

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Engel - da denke ich an Kitschbilder, Trostbücher, ADAC-Mitarbeiter oder Landgasthöfe. Es gibt sogar eine Engel-Zeitschrift. Als Theologe zucke ich mittlerweile fast schon zusammen, wenn ich irgendwo „Engel" höre. Aber der Dauertrend hat mich auch neugierig gemacht auf die ursprünglichen Engel, also die aus der Bibel.

Einen finde ich besonders sympathisch. Es ist der Engel Rafael aus dem Alten Testament. Rafael begleitet den jungen Tobias auf der Reise in eine fremde Stadt. Dabei weiß Tobias nicht einmal, dass Rafael ein Engel ist. Er hält ihn für einen ganz normalen Reisebegleiter.

Auf dieser Reise passiert eine Menge: Bei einer Rast am Tigris wird Tobias fast von einem Fisch verschlungen. Doch der Engel Rafael warnt Tobias rechtzeitig: „Vorsicht Fisch, pack zu!". Dann zeigt er Tobias, dass die Innereien des Fisches Heilkräfte besitzen. Im Laufe der Geschichte verliebt sich Tobias in Sara und heiratet sie, zugegeben mit ein bisschen Starthilfe durch den Engel. Zu Hause angekommen, heilt Tobias seinen kranken Vater wieder mit Hilfe von Rafael. Und als Tobias Rafael für die Reisebegleitung belohnen möchte, winkt dieser ab: „Ich will keinen Lohn. Sei lieber Gott dankbar, bete zu ihm und halte ihn in Ehren."

Bemerkenswert an der Geschichte finde ich, dass der Engel nie selbst eingreift. Er sagt Tobias immer nur, wie es gehen könnte. Er leistet Hilfe zur Selbsthilfe. Das finde ich sympathisch. Und da Engel ursprünglich „Bote Gottes" heißt, zeigt sich in ihnen vielleicht auch etwas von Gottes Wirklichkeit: Er will uns Menschen nichts überstülpen, lässt uns unsere Freiheit, macht Angebote, die wir ergreifen können oder auch nicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15853
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