SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Wenn kaum noch was geht, eins funktioniert fast immer: Das Vater unser. Auch wenn man nur noch selten zur Kirche geht: gelernt ist gelernt, und das Langzeitgedächtnis bringt manchmal erstaunliche Resultate zustande. 

Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen, bei solchen Anlässen findet man sich dann doch mal in einer Kirche wieder. Man ist eingeladen, man weiß gerade noch so, wie man sich verhält in der Kirche. 

Bei den Katholiken kniet man sich, wenn man die Kirche betritt, bei den Evangelischen geht es etwas salopper.  

Das ist aber dann fast schon alles. Den Kirchenliedern hört man zu, mitsingen wäre doch etwas überfordernd, außerdem .... eigentlich hat man damit ja gar nichts mehr am Hut.

Eigentlich. Man sitzt da und schaut sich das Ganze an. Es hat was Folkloristisches, wenn es gut gemacht ist, etwas Unterhaltsames und manchmal, ja manchmal sogar etwas Nachdenkliches. Wenn der Pfarrer seine Chance nutzt, normal spricht oder Texte auswählt, die nicht zu dick Christentum auftragen, das ist doch auch mal nicht schlecht.

 Gut gemacht halt, wie im Theater. Bis zur Stelle, an der das Vater unser kommt. Alle werden aufgefordert mitzubeten, und: man macht es. Fast ein bisschen wie automatisch, geht das alte Gebet über die Lippen. Als wäre ein Kontakt ausgelöst, ein Schalter gedrückt. Manche beten es wirklich laut, manche bewegen unmerklich die Lippen, andere sprechen es in Gedanken. 

Es ist noch da auf der Festplatte. Gespeichert. Bei solchen Gelegenheiten, meldet es sich wieder. 

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.. 

Worte, die uns unsere Mütter und Väter lehrten, unsere Lehrer. 

Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern... 

Noch melden diese Worte sich aus der Erinnerung an die Kinderzeit,
in der es leichter fiel, zu glauben. Gut so. Kann so bleiben. Kann noch mehr werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15831
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