SWR3 Gedanken

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Jede schlechte Erfahrung ist wie ein Ziegelstein. Und wenn man zu viele davon gesammelt hat, kann man sich wunderbar damit einmauern und von der Welt abschotten. Das denke ich manchmal, wenn ich sehr verschlossenen Menschen begegne. Das fühlt sich an, als würde ich von einer Mauer abprallen. Man sagt das ja auch umgangssprachlich so: Der hat sich eingemauert, an den kommt keiner dran.

Ich finde dieses Bild sehr passend. Wenn ich schlechte Erfahrungen mache, schleppe ich sie oft tagelang mit mir herum. Wie einen schweren Ziegelstein eben. Gleichzeitig verringert sich mein Vertrauen in andere Menschen. Die schlechte Erfahrung schiebt sich zwischen mich und den Rest der Welt. Tja, und wenn ich eben zu viele schlechte Erfahrungen mache, dann fang ich irgendwann an, sie miteinander in Verbindung zu bringen. Im Sinne von „das musste ja so kommen" oder „derselbe Mist wie immer". Und aus der Verbindung der schlechten Erfahrungen entsteht eine Mauer, durch die ich mich immer weiter von anderen trenne.

Aber was, wenn so eine Mauer mal gebaut ist? Muss ich dann abgeschottet und einsam mein Leben führen? Oder soll ich einfach auf andere hoffen? Hoffen, dass jemand von außen unbedingt zu mir durchdringen will. Ich kann auch versuchen, die Mauer selbst wieder abzubauen. Dazu brauche ich aber viel Vertrauen und innere Kraft.

Wenn ich Menschen begegne, die sich eingemauert haben, versuche ich oft, trotzdem zu ihnen durchzudringen. Ich suche quasi nach einer Möglichkeit, einen Ziegelstein aus der Mauer heraus zu lösen. Vorsichtig ein Guckloch zu finden durch das wir uns sehen können. Einen kleinen Zugang zueinander finden, um der Person hinter der Mauer Mut zusprechen zu können.  Das braucht aber viel Geduld. Eine Mauer, die man sich über die Jahre gebaut hat, lässt sich nicht in 5 Minuten einreißen. Das darf man auch nicht tun, sonst bleibt nur eine Trümmerwüste übrig. Aber mit Geduld und Freundlichkeit kann ich den ein oder anderen Stein aus der Mauer nehmen. Und dahinter versteckt sich meist ein Mensch, der lange gewartet hat, dass jemand kommt und ihm dabei hilft die Mauer abzutragen. Und im besten Fall arbeiten wir dabei zusammen . Er mit innerer Kraft und ich mit Geduld und Stärke von außen.

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