SWR3 Gedanken

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Schau mal da, der Himmel ist ganz bunt. Ich schau nach oben und da seh ich ihn erst: Einen Regenbogen. Lachend erkläre ich meinem kleinen Neffen, dass nicht der ganze Himmel bunt ist, sondern nur der Regenbogen. Aber trotzdem freu ich mich, dass er ihn mir gezeigt hat. Es sieht wirklich schön aus und normalerweise hätte ich nicht einfach so nach oben geschaut.

Eigentlich schau ich nie wirklich nach oben. Was soll da schon sein, außer Himmel. Eine Alltagsweisheit besagt ja, dass Kinderauen immer mehr sehen als Erwachsenenaugen. Aber ich glaube, das stimmt nicht. Kinder schauen nur genauer hin. Ist ja auch logisch. Für Kinder ist alles neu. Wenn ich etwas zum ersten Mal sehe, schaue ich mir das auch ganz genau an. Aber wenn ich schon seit 28 Jahren Bäume gesehen habe, dann weiß ich ja, wie sie aussehen und schau eben nicht mehr so genau hin.

Ich habe manchmal das Gefühl, dass manche Erwachsene neidisch auf diesen genauen Blick von Kindern sind. Dabei ist es ja niemandem verboten, genauer hinzusehen. Egal ob man 2, 20 oder 80 Jahre alt ist.

Ich könnte auch viel öfter genauer hinschauen. Aber ich nehm mir die Chance oft selbst. Wenn ich zum Beispiel zum Einkaufen fahre oder zur Arbeit. Dann hab ich ein klares Ziel vor mir. Dann beweg ich mich fort, um irgendwo anzukommen. Da hab ich weder Lust noch Zeit, mir den Weg genauer anzusehen. Ja, ich kenne den Spruch „Der Weg ist das Ziel" aber dieser Spruch hat eigentlich keine  Bedeutung in meinem Leben. Das Ziel ist das Ziel. Und der Weg ist der Weg. Wenn ich wieder lernen will, mehr wahrzunehmen, dann muss ich vielleicht einfach  mal einen Weg gehen, ohne ein Ziel zu haben. Einfach spazieren gehen. Nirgendwo ankommen und mir alles ganz genau anschauen. Egal wie lange das dauert.

Und dann wird mir vielleicht das ein oder andere auch wieder auffallen, was ich sonst für selbstverständlich gehalten hätte.

 

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