SWR2 Wort zum Tag

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Frieden, das ist ein Zustand, in dem gewissermaßen nichts los ist. Auf den Parkbänken in der Stadt sitzen alte Damen, den Rollator neben sich. Mütter und Väter plaudern munter in das Handy, während ihre Kinder in der Sommerwärme die Schuhe ausziehen, am Brunnenrand sitzen und ihre nackten Füße ins Wasser baumeln lassen. Herren in Anzügen gönnen sich eine Riesenportion Eis. Ein Pärchen auf der Parkbank knutscht sich gerade ab. In den Vorgärten blüht der Lavendel. Und wer von Mannheim nach Berlin mit dem Zug fahren will, kommt heile und - mal abgesehen von einigen Verspätungen, dort auch nach ein paar Stunden an.

Warum mir der Friede immer lieber sein wird als der Krieg? Das kann ich mit einem Satz sagen: „Ich liebe das Leben um der Löcher willen, die ich in die Luft starren darf." (Botho Strauß) Ich liebe das Leben - und ganz besonders eines, in dem ich Zeit habe. Friedliche Zeit. Ungenutzte Zeit, Zeit einzig dafür, da zu sein, privat zu sein. Mehr nicht. Das kann man nur, wenn man nicht befürchten muss, dass man gleich um sein Leben rennen muss. Das kann man nur, wenn nicht das ganze Leben durchorganisiert ist und der Staat glaubt, besser zu wissen, womit ich meine Zeit zu verbringen habe. Das kann man nur, wenn man satt ist. „Ich liebe das Leben, um der Löcher willen, die ich in die Luft starren darf." - draußen im Sommer, unter einem Sonnenschirm bei einer Tasse Eiscafe. auf der Wiese im Park, auf dem Balkon, wenn man aufschaut und tatsächlich nichts anderes macht als friedlich Löcher in die Luft zu starren.     

 „Friede sei mit euch." „Der Friede Gottes regiere eure Herzen." „Gott ist ein Gott des Friedens." In der Bibel wird an vielen Stellen der Frieden beschworen - trotz aller Metzeleien, von denen dort auch genügend die Rede ist. Und wie sieht er aus, der Frieden? Am schönsten und schlichtesten wird er beschrieben bei dem Propheten Sacharia (8,4)  „Es sollen hinfort wieder sitzen auf den Plätzen alte Männer und Frauen, jeder mit seinem Stock in der Hand vor hohem Alter, und die Plätze der Stadt sollen voll sein von Knaben und Mädchen, die dort spielen." Frieden meint, dass Menschen überhaupt alt werden können und nicht schon mit 18 Jahren ein Gewehr in die Hand gedrückt bekommen und um ihr Leben kämpfen müssen. Frieden meint, dass niemand einen Wehrlosen, der auf den Stock in der Hand angewiesen ist, erschlägt. Frieden meint, dass draußen Kindergeschrei zu hören ist und Kinder spielen können. So einfach ist das mit dem Frieden. Eigentlich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15743
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