Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Die Softwarefirma SAP stellt Hunderte von Autisten ein", lautete vor einiger Zeit eine Schlagzeile. Autisten, also Menschen, bei denen die soziale Interaktion und die Kommunikation gestört sind. „Wir suchen Menschen, die anders denken", lautete die Begründung der Firmenleitung.

„Wir suchen Menschen, die anders denken". Das ist eine gute Nachricht. Querdenker sind gefragt, Menschen, die einen leichten Hang zur Opposition pflegen, die widerständig sind, kurz: Die kritische Geister sind. Galten die bislang als störend, wurde ihnen meist ein beruflicher Aufstieg verwehrt, weht jetzt ein neuer Wind. „Wir suchen Menschen, die anders denken."

So kommt frischer Wind in Firmen und andere Organisationen, Stillstand wird verhindert, eine Kultur des Widerspruchs gepflegt. Und das gilt weiß Gott nicht nur für Softwarefirmen.

Wie steht es da in unseren Kirchen? Kritische Geister erwünscht? Wer kann sich an einen Aufruf zum kritischen Widerspruch erinnern? Wie vielen anderen Organisationen fällt es den Kirchen schwer, den widersprechenden Standpunkt gelten zu lassen.

Das überrascht, denn die christlichen Kirchen berufen sich auf einen Menschen, auf Jesus, dessen Anderssein sprichwörtlich war. Der unangepasst war. Der zur Opposition neigte. Jesus predigte Feindesliebe gegen den verbreiteten Hass. Er gab Frauen ihre Würde zurück, die ihnen eine Männergesellschaft entzogen hatte. Jesus legte sich immer wieder mit der staatlichen und religiösen Obrigkeit seiner Zeit an. Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht umgekehrt. Religiöse Scheinheiligkeit war ihm ein Gräuel. Und: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.

„Wir suchen Menschen, die anders denken." Das ist eine gute Nachricht. Für Firmen, die solche Menschen suchen. Und für die Menschen, die ihre Loyalität mit kritischen Fragen verbinden können. In- und außerhalb der Kirchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15713
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