SWR4 Abendgedanken

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Geschichtlich ist nicht viel von ihm sicher. Manche vermuten, dass er ein Bruder Jesu war. In den Evangelien ist er immer mit dabei, wenn Jesus aus dem Kreis der zwölf Apostel drei auswählt, die ihn in besonderen Situationen begleiten sollen. Zum Beispiel am Ölberg. Als Jesus in der Nacht vor seinem Tod mit seiner Angst nicht allein sein will und Jakobus und zwei andere bittet, bei ihm zu bleiben. Nach dem Tod Jesu hat Jakobuswahrscheinlich die Jerusalemer Gemeinde geleitet und ist mit Petrus und Paulus einer der wichtigsten Apostel der Urkirche gewesen. In den vierziger Jahren des ersten Jahrhunderts hat man ihn vermutlich mit dem Schwert hingerichtet.

Was für ein Mensch er war, kann man nicht sagen. In der Bibel wird sein Charakter selten beschrieben. Einen Hinweis gibt vielleicht der Spitzname, den er mit Johannes gemeinsam bekommt. Die Evangelien nennen die beiden  nämlich die „Donnersöhne". Das lässt auf Temperament und Rückgrat schließen, es könnte aber auch heißen, dass er nicht konfliktscheu gewesen ist. Interessanterweise ist er mit seinen Brüdern und Maria, der Mutter Jesu, im Evangelium sogar einmal als der Grund beschrieben, warum sich die Leute von Jesus abwenden. An einer anderen Stelle wird beschrieben, wie er und sein Bruder Johannes sich bei einer Essenseinladung mit den anderen Jüngern um den besten Platz, den Platz neben Jesus,streiten. Jesus weist sie zurecht und verlangt, dass man für den Platz neben ihm auch sein Schicksal teilen können müsse. Und das haben die beiden ja schließlich auch getan.

Für mich wird an der Figur des Jakobus deutlich, dass ich als Christ ein Mensch mit Ecken und Kanten sein darf. Beim Essen mit Jesus an einem Tisch zu sitzen ist ein Bild für das Reich Gottes. Für das, was ich mir nach dem Tod wünsche und was ich jetzt schon zu leben versuche. Wenn ich mich am Tag des Apostels Jakobus an den Streit um den besten Platz beim Essen erinnere, könnte mir das sagen: Mich müssen nicht alle mögen und ich muss nicht alle mögen. Aber wenn ich ein Jünger Jesu sein will, muss mir klar sein, dass ich das nicht alleine bin und dass andere mit mir einen Platz bei Jesus haben. Und mir muss klar sein, dass es nicht um den besten Platz geht, sondern darum, dass ich danach strebe, einenPlatz bei Jesus zubekommen. Und dazu gehört, dass ich die anderen Menschen als meine Tischnachbarn dulde - mit Ecken und Kanten. Wie beim Apostel Jakobus eben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15707
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